Nr. 39 / März1997
 
Sagen und Legenden aus
Wollersheim

Vor der Erfindung von Radio und Fernsehen saß gerade an den langen Winter- abenden die ganze Familie, die meist aus Großeltern, Eltern und Kindern bestand, in dem einzigen geheizten Raum des Hauses, in der Küche beisammen. Manchmal gesellten sich noch Onkel und Tanten oder Nachbarn hinzu. Elektrischen Strom gab es noch nicht. Licht spendete die Petroleumlampe. Um Petroleum zu sparen, öffnete man die Herdtüre. Der Feuerschein erhellte den Raum. Wenn man in so einer gemütlichen Runde versammelt war, erzählten Oma und Opa Geschichten aus dem dörflichen Leben.
In Zeiten der heutigen Kleinfamilien geht dieses alte Erzählgut allmählich verloren. Auch die Schule fällt weitgehend als Bewahrer der örtlichen Sagen und Legenden aus, da die Ortsgebundenheit fehlt. Die älteren Wollersheimer kennen noch den Heimatkundeunterricht bei Lehrer Bergerhausen oder Fräulein Fucks. Vergleichbares gibt es heute nicht. Der Geschichtsverein hat daher die Wollersheimer Sagen und Legenden einmal zusammengetragen.
Sagen haben oft einen historischen Hintergrund, und Legenden beruhen auf religiösen Ereignissen. Einiges dürfte als Volksmärchen zu bezeichnen sein. Die mündliche Weitergabe der Geschichten bringt natürlich inhaltliche Veränderungen mit sich. Daher wird mancher Wollersheimer die eine oder andere Sage in etwas abgewandelter Form kennen. Wie immer ist der Geschichtsverein für ergänzende Informationen sehr dankbar. Sprechen Sie uns vor allen Dingen an, wenn Ihnen weitere Märchen bekannt sind.

Gründung der Pfarre Wollersheim
Die Gründung der Pfarre Wollersheim und der Bau der alten Kirche liegen im Dunkeln. Nach der Legende soll der hl. Willibrord beides veranlaßt haben. Nachdem der hl. Willibrord das Kloster Echternach gegründet hatte und von dort aus die Südeifel missionierte, schuf er sich mit Hilfe der hl. Irmina in Berg bei Floisdorf einen Stützpunkt für seine Arbeit in der Nordeifel. Von Berg aus durchwanderte er die nähere und weitere Umgebung, um christliches Leben bei den Bewohnern zu begründen. Dabei soll er den Bau mancher Kirche angeregt haben. So läßt sich mit großer Wahrscheinlichkeit die Erbauung unserer ersten Kirche auf Willibrord zurückführen. Er soll auch der erste Pfarrer von Wollersheim gewesen sein.

Schlacht auf der Wollersheimer Heide
Im Jahre 496 n. Chr. fand zwischen Franken und Alemannen eine Schlacht statt. Der Kampfplatz soll im Gebiet der ”Heide” zwischen Wollersheim und Langendorf gelegen haben. Zu dem eigentlichen Geschehen möchten wir Pfarrer Schulte zu Wort kommen lassen, der 1911 dazu schrieb: ”Es geschah nämlich, als beide Heere im Kampfe waren, daß heftig geschlagen wurde; und das Heer Chlodwigs war schon am gänzlichen Unterliegen. Als er dies sah, erhob er seine Augen gen Himmel, und ergriffen im Herz brach er in Tränen aus und rief: ”Jesus Christus, von dem Chlotilde sagt, daß er der Sohn des lebendigen Gottes sei, du, von dem man sagt, daß du den Bedrängten Hülfe spendest und den Sieg den auf dich Hoffenden verleihst, Dich flehe ich demütig um deine glorreiche Hülfe an. Wenn Du mir den Sieg über meine Feinde verleihst und ich deine Wundermacht erfahre, von der dein Volk, das deinem Namen geweiht ist, sagt, daß sie sich stets bewährt habe, so will ich an dich glauben und mich auf deinen Namen taufen lassen”. Und als er dies sprach, wandten sich die Alemannen und ergriffen die Flucht. Während Chlodwig mit den Alemannen kämpfte, lag Chlotilde da, wo jetzt die alte Wollersheimer Kirche steht, vor einem Kreuze auf den Knien und flehte um den Sieg ihres Gemahls. Sicher ist, daß Chlotilde um den Sieg gebetet hat, der legendäre Zusatz der Örtlichkeit, wo sie gebetet, zeigt an, daß in der Nähe die Schlacht war. Eine andere Legende sagt, daß die Schlacht am heftigsten gewesen sei an einer Stelle des Busches, der an der Wollersheimer Heide entlang liegt. Die Stelle wird genannt das Marderthal.”

Glockenfund im Badewald
Vor langer Zeit soll eine Horde Gesindel eine Glocke aus der Kirche entwendet haben und damit Richtung Badewald gezogen sein. Viele Jahre danach fand ein Holz- oder Beerensammler im Duggental in einem Schlammloch die Glocke wieder. Wildschweine hatten sie beim Suhlen freigelegt. Man brachte die Glocke in den Turm der Kirche zurück und aus Freude darüber wurde gebeiert, und zwar auf den Text: Em Duggendahl en Sou mich fong.

Dorfbrunnen am Pützberg
Vor vielen hundert Jahren herrschte in unserer Gegend eine große Trockenheit. Bis auf den Dorfbrunnen am Pützberg waren alle ausgetrocknet. In dieser Notlage beteten die Wollersheimer zu Gott um Hilfe und gelobten, sofern der Brunnen weiterhin Wasser führe, jährlich am Feste der Himmelfahrt Christi zum Dorfbrunnen zu gehen und drei Pfund Salz zu opfern. Das Gebet der Wollersheimer wurde erhört. Der Brunnen trocknete nicht aus. Die Bevölkerung erfüllte ihr Gelübde und ging jährlich in einer sakramentalen Prozession zum Brunnen und brachte ihr Salzopfer. Bis zum Jahre 1957 wurde die Prozession in der traditionellen Form gehalten. Danach verfiel der Brunnen immer mehr. 1979 säuberten und renovierten Dorfgemeinschaft und Feuerwehr den alten Brunnen wieder. Seit diesem Jahr geht am Feste Christi Himmelfahrt wieder eine gegenüber früher etwas geänderte Prozession zum Dorfbrunnen.^

Burg und Mühle von Gödersheim
Die folgende Geschichte fanden wir in einer alten Zeitung. Wir geben sie im Original weiter.
”Es war einmal ein junger schöner Müller, der mahlte dem Ritter von Gödersheim seinen goldgelben Weizen, den er auf dem fetten Boden des Neffelbachtales zog.Der Müller war ein rechter Lebensmeister, stets fleißig und fröhlich bei der Arbeit mit Singen und Pfeifen. Darum nannten die Leute ihn den ”lustigen Müller”. Nun hatte der Ritter von Gödersheim auch eine Tochter, ihre Schönheit war weitum im Lande bekannt. Sie hatte Wangen so rot wie Kirschen und langes Haar so goldegelb wie der Weizen draußen auf dem Feld. Jeden Morgen stand sie am Fenster der Burg und schaute dem lustigen Müller zu. Dann dachte sie wohl bei sich: ”Den möchtest du wohl zum Mann haben!” Aber auch der Müller sah das schöne Jungfräulein und dachte: ”Die möchtest du wohl zur Frau haben!”
Wie das so geht, aus den Gedanken wurden Worte, bald trafen die beiden sich in aller Heimlichkeit, und aus dem Einmal wurde ein Mehrmal. Der lustige Müller wurde immer fröhlicher, er sang jeden Morgen ein Lied, das fing an:


”Es war einmal ein Müller,
Der mahlte das gold’ne Korn.
Der liebte eine schöne Maid,
Die trug vielgoldenes Haar”.

Dann kam das schöne Burgfräulein ans Fenster und winkte dem Burschen zu. Danach war der lustige Müller noch einmal so lustig.
Nun hatte aber eines Tages der Ritter das Treiben der beiden Jungen entdeckt. Er geriet darüber in großen Zorn und jagte den Müller bei Nacht und Nebel davon. Da wurde das Fräulein sehr traurig. Sie weinte den ganzen Tag, ihre Wangen wurden ganz bleich, nichts mehr konnte ihr Freude machen. Denn sie hatte sich vor- genommen, nie mehr im Leben zu lachen. So ging das manches Jahr. Da konnte schließlich der Vater das Leid nicht mehr mit ansehen, er ließ überall im Land verkünden, wer seine Tochter wieder zum Lachen bringen könne, der solle sie zur Frau haben. Gar viele versuchten darob ihr Glück, aber es mochte keinem gelingen.
Eines Tages nun aber kam ein Spielmann auf die Burg und er wollte die schwere Aufgabe auch lösen. Er bat den Vater, ihn eine Weile mit dem Mädchen allein zu lassen. Als sie aber allein waren, da begann er zu singen.


”Es war einmal ein Müller,
Der mahlte das gold’ne Korn.
Der liebte eine schöne Maid,
Die trug vielgoldenes Haar”.

Da trocknete die Jungfrau rasch ihre Tränen, lachte und jubelte ganz laut vor Freude, fiel dem Spielmann um den Hals und küßte ihn. Sie hatte den lustigen Müller erkannt. Als der Ritter das Lachen hörte, schaute er erstaunt ins Zimmer. Da er aber ein Mann von Wort war, löste er auch sein Versprechen ein. Und die beiden lebten recht glücklich mit einander ”.

GESCHICHTSVEREIN WOLLERSHEIM e.V.




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