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Sagen und
Legenden aus
Wollersheim
Vor der Erfindung von Radio und Fernsehen saß gerade an
den langen
Winter- abenden die ganze Familie, die meist aus Großeltern, Eltern
und Kindern bestand, in dem einzigen geheizten Raum des
Hauses, in der Küche beisammen. Manchmal gesellten sich noch
Onkel und Tanten oder Nachbarn hinzu. Elektrischen Strom gab es
noch nicht. Licht spendete die Petroleumlampe. Um Petroleum zu
sparen, öffnete man die Herdtüre. Der Feuerschein erhellte den
Raum. Wenn man in so einer gemütlichen Runde versammelt war,
erzählten Oma und Opa Geschichten aus dem dörflichen Leben.
In Zeiten der heutigen Kleinfamilien geht dieses alte Erzählgut
allmählich
verloren. Auch die Schule fällt weitgehend als Bewahrer der
örtlichen Sagen und Legenden aus, da die Ortsgebundenheit fehlt.
Die älteren Wollersheimer kennen noch den Heimatkundeunterricht
bei Lehrer Bergerhausen oder Fräulein Fucks. Vergleichbares gibt
es heute nicht. Der Geschichtsverein hat daher die Wollersheimer
Sagen und Legenden einmal zusammengetragen.
Sagen haben oft einen historischen Hintergrund, und Legenden beruhen
auf religiösen Ereignissen. Einiges dürfte als Volksmärchen
zu bezeichnen sein. Die mündliche Weitergabe der Geschichten
bringt natürlich inhaltliche Veränderungen mit sich. Daher wird mancher
Wollersheimer die eine oder andere Sage in etwas abgewandelter
Form kennen. Wie immer ist der Geschichtsverein für ergänzende
Informationen sehr dankbar. Sprechen Sie uns vor allen Dingen
an, wenn Ihnen weitere Märchen bekannt sind.
Gründung der Pfarre Wollersheim
Die Gründung der Pfarre Wollersheim und der Bau der alten Kirche
liegen im Dunkeln. Nach der Legende soll der hl. Willibrord
beides veranlaßt haben. Nachdem der hl. Willibrord das Kloster
Echternach gegründet hatte und von dort aus die Südeifel missionierte,
schuf er sich mit Hilfe der hl. Irmina in Berg bei Floisdorf
einen Stützpunkt für seine Arbeit in der Nordeifel. Von Berg
aus durchwanderte er die nähere und weitere Umgebung, um
christliches Leben bei den Bewohnern zu begründen. Dabei soll
er den Bau mancher Kirche angeregt haben. So läßt sich mit großer
Wahrscheinlichkeit die Erbauung unserer ersten Kirche auf
Willibrord zurückführen. Er soll auch der erste Pfarrer von Wollersheim
gewesen sein.
Schlacht auf der Wollersheimer Heide
Im Jahre 496 n. Chr. fand zwischen Franken und Alemannen
eine Schlacht statt. Der Kampfplatz soll im Gebiet der ”Heide”
zwischen Wollersheim und Langendorf gelegen haben. Zu dem
eigentlichen Geschehen möchten wir Pfarrer Schulte zu Wort
kommen lassen, der 1911 dazu schrieb: ”Es geschah nämlich,
als beide Heere im Kampfe waren, daß heftig geschlagen wurde;
und das Heer Chlodwigs war schon am gänzlichen Unterliegen.
Als er dies sah, erhob er seine Augen gen Himmel, und ergriffen
im Herz brach er in Tränen aus und rief: ”Jesus Christus, von
dem Chlotilde sagt, daß er der Sohn des lebendigen Gottes sei,
du, von dem man sagt, daß du den Bedrängten Hülfe spendest
und den Sieg den auf dich Hoffenden verleihst, Dich flehe ich demütig
um deine glorreiche Hülfe an. Wenn Du mir den Sieg über
meine Feinde verleihst und ich deine Wundermacht erfahre, von
der dein Volk, das deinem Namen geweiht ist, sagt, daß sie sich
stets bewährt habe, so will ich an dich glauben und mich auf deinen
Namen taufen lassen”. Und als er dies sprach, wandten sich
die Alemannen und ergriffen die Flucht. Während Chlodwig mit
den Alemannen kämpfte, lag Chlotilde da, wo jetzt die alte
Wollersheimer
Kirche steht, vor einem Kreuze auf den Knien und
flehte um den Sieg ihres Gemahls. Sicher ist, daß Chlotilde um
den Sieg gebetet hat, der legendäre Zusatz der Örtlichkeit, wo
sie gebetet, zeigt an, daß in der Nähe die Schlacht war. Eine andere
Legende sagt, daß die Schlacht am heftigsten gewesen sei
an einer Stelle des Busches, der an der Wollersheimer Heide
entlang liegt. Die Stelle wird genannt das Marderthal.”
Glockenfund im Badewald
Vor langer Zeit soll eine Horde Gesindel eine Glocke aus der Kirche
entwendet haben und damit Richtung Badewald gezogen
sein. Viele Jahre danach fand ein Holz- oder Beerensammler im
Duggental in einem Schlammloch die Glocke wieder. Wildschweine
hatten sie beim Suhlen freigelegt. Man brachte die Glocke
in den Turm der Kirche zurück und aus Freude darüber wurde
gebeiert, und zwar auf den Text: Em Duggendahl en Sou
mich fong.
Dorfbrunnen am Pützberg
Vor vielen hundert Jahren herrschte in unserer Gegend eine große
Trockenheit. Bis auf den Dorfbrunnen am Pützberg waren alle
ausgetrocknet. In dieser Notlage beteten die Wollersheimer zu
Gott um Hilfe und gelobten, sofern der Brunnen weiterhin Wasser
führe, jährlich am Feste der Himmelfahrt Christi zum Dorfbrunnen
zu gehen und drei Pfund Salz zu opfern. Das Gebet der Wollersheimer
wurde erhört. Der Brunnen trocknete nicht aus. Die Bevölkerung
erfüllte ihr Gelübde und ging jährlich in einer sakramentalen
Prozession zum Brunnen und brachte ihr Salzopfer. Bis
zum Jahre 1957 wurde die Prozession in der traditionellen Form
gehalten. Danach verfiel der Brunnen immer mehr. 1979 säuberten
und renovierten Dorfgemeinschaft und Feuerwehr den alten
Brunnen wieder. Seit diesem Jahr geht am Feste Christi Himmelfahrt
wieder eine gegenüber früher etwas geänderte Prozession
zum Dorfbrunnen.^
Burg und Mühle von Gödersheim
Die folgende Geschichte fanden wir in einer alten Zeitung. Wir
geben sie im Original weiter.
”Es war einmal ein junger schöner Müller, der mahlte dem Ritter
von Gödersheim seinen goldgelben Weizen, den er auf dem fetten
Boden des Neffelbachtales zog.Der Müller war ein rechter
Lebensmeister, stets fleißig und fröhlich bei der Arbeit mit Singen
und Pfeifen. Darum nannten die Leute ihn den ”lustigen Müller”.
Nun hatte der Ritter von Gödersheim auch eine Tochter, ihre
Schönheit war weitum im Lande bekannt. Sie hatte Wangen so
rot wie Kirschen und langes Haar so goldegelb wie der Weizen
draußen auf dem Feld. Jeden Morgen stand sie am Fenster der
Burg und schaute dem lustigen Müller zu. Dann dachte sie wohl
bei sich: ”Den möchtest du wohl zum Mann haben!” Aber auch
der Müller sah das schöne Jungfräulein und dachte: ”Die möchtest
du wohl zur Frau haben!”
Wie das so geht, aus den Gedanken wurden Worte, bald
trafen
die beiden sich in aller Heimlichkeit, und aus dem Einmal wurde
ein Mehrmal. Der lustige Müller wurde immer fröhlicher, er sang
jeden Morgen ein Lied, das fing an:
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”Es
war
einmal ein
Müller,
Der mahlte das
gold’ne Korn.
Der liebte eine
schöne Maid,
Die trug
vielgoldenes Haar”.
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Dann kam das schöne Burgfräulein ans Fenster und winkte
dem
Burschen zu. Danach war der lustige Müller noch einmal so lustig.
Nun hatte aber eines Tages der Ritter das Treiben der beiden
Jungen entdeckt. Er geriet darüber in großen Zorn und jagte den
Müller bei Nacht und Nebel davon. Da wurde das Fräulein sehr
traurig. Sie weinte den ganzen Tag, ihre Wangen wurden ganz
bleich, nichts mehr konnte ihr Freude machen. Denn sie hatte
sich vor- genommen, nie mehr im Leben zu lachen. So ging das
manches Jahr. Da konnte schließlich der Vater das Leid nicht
mehr mit ansehen, er ließ überall im Land verkünden, wer seine
Tochter wieder zum Lachen bringen könne, der solle sie zur Frau
haben. Gar viele versuchten darob ihr Glück, aber es mochte keinem
gelingen.
Eines Tages nun aber kam ein Spielmann auf die Burg und er
wollte die schwere Aufgabe auch lösen. Er bat den Vater, ihn
eine Weile mit dem Mädchen allein zu lassen. Als sie aber allein
waren, da begann er zu singen.
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”Es
war
einmal ein
Müller,
Der mahlte das
gold’ne Korn.
Der liebte eine
schöne Maid,
Die trug
vielgoldenes Haar”.
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Da trocknete die Jungfrau rasch ihre Tränen, lachte und
jubelte
ganz laut vor Freude, fiel dem Spielmann um den Hals und küßte
ihn. Sie hatte den lustigen Müller erkannt. Als der Ritter das Lachen
hörte, schaute er erstaunt ins Zimmer. Da er aber ein Mann
von Wort war, löste er auch sein Versprechen ein. Und die beiden
lebten recht glücklich mit einander ”.
GESCHICHTSVEREIN
WOLLERSHEIM e.V.
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