Jubiläum
250 Jahre alt wurde 1997 der Büschhof. Ein stolzes Jubiläum, das
man dem Hof nicht so ohne weiteres ansieht. Den Fachleuten des
Denkmalschutzes war der gut erhaltene Zustand der kaum veränderten
Gebäude schon immer bekannt; zählt der Hof doch zu den
ältesten Gebäuden des Dorfes. Gerade die Merkmale Geschlossenheit,
Vollständigkeit und Einheitlichkeit sind nach Ansicht der Experten
charakteristisch für den Hof und stellen in besonderer Weise
den historischen Wert der Anlage dar. Hinsichtlich seiner
baulichen Anlage, der früheren Nutzung und der Architektur gibt der Hof
noch heute Aufschluß über die damalige Lebensweise seiner Bewohner
und läßt Rückschlüsse über die früheren Arbeits- und
Produktionsverhältnisse zu.
Der Hof ist nach wie vor im Privatbesitz und kann leider nicht
besichtigt
werden.
Lage des Hofes
Der Büschhof liegt heute mitten im Dorf an der Zehnthofstraße und
hat die Hausnummern 29, 31 und 33. Als Johann Heinrich Büsch
vor 250 Jahren mit dem Hofbau begann, lag der Bauplatz, wie aus
einer alten Karte zu ersehen, dagegen noch fast am Ortsausgang.
Die Hofanlage ist rechtwinklig. 55 Meter mißt die Straßenflucht und
110 Meter die Längsachse. Hausgarten und Obstwiese reichen bis
an den Wollersheimer Bach heran.
Das 1747 dem damaligen Bauherrn noch eine so relativ große Parzelle
zur Verfügung stand, ist aus heutiger Sicht verwunderlich. Das
Dorf bestand damals im Wesentlichen aus 26 Lehnshöfen, die alle
dem Stiftshof unterstanden bzw. dem Kloster Maria im Kapitol gegenüber
abgabepflichtig waren. Verwunderlich auch deshalb, weil
die Vorfahren der Eheleute Büsch nicht aus Wollersheim stammten.
Die Familie Büsch hat ihren Ursprung in Muldenau und die Familie
Frohn stammt aus Embken. Bezüglich der Gründe für den Neubau
gibt es in der Familienchronik Herhahn einen dort nicht näher
kommentierten
Hinweis: „......, daß unsere Vorfahren vor 1747 am Ausgang
von Wollersheim auf Berg zu, einen Hof besaßen. ...ob der
Hof ...durch .... Brand oder durch Kriegseinwirkung zerstört wurde,
wissen wir nicht“. Dieser Vermerk läßt auch den Schluß zu, daß der
obengenannte Neubau ein Wiederaufbau an einer anderen Stelle
des hofeigenen Grundstückes gewesen sein könnte. Ab 1856 kam
der Hof durch Erbfolge auf die Familie Herhahn, die den Hof vier
Generationen lang (118 Jahre) besaß. In dieser Zeit bürgerte sich
der Name „Herhahns Hof“ ein.
Beschreibung der Hofanlage
Der Hof ist eine mehrteilige Hofanlage aus dem 18. und 19. Jahrhundert
und steht wegen seiner schönen altfränkischen Bauweise
unter Denkmalschutz. Das Haupt- und Wohnhaus liegt mit dem Giebel zur
Straße, ist zweigeschossig und aus verputztem Bruchstein.
Das Baujahr des Hauses geht aus einer Inschrift, die in den oberen
Abschluß der Sandstein-Umrahmung der Haustüre eingemeißelt ist,
hervor:
Das Wohnhaus wurde in späteren Jahren so geschickt verlängert,
daß man den Anbau optisch kaum von dem übrigen Gebäude unterscheiden
kann. Das Baujahr des Anbaus ist nicht bekannt und läßt sich nur
ungenau anhand vorliegender Karten zwischen 1871 und
1936 datieren.
Die Fenster mit den Sandsteingewänden sind unverändert geblieben
und haben ihre ursprüngliche Größe behalten. Im Hauseingang
(Haustüre) ist noch heute eine doppelschlägige (zweigeteilte) Tür
im Originalzustand vorhanden.
Auch an der Innenaufteilung des Hauses ist in den vielen Jahren
kaum etwas geändert worden. Der durchgehende mittlere Herdraum,
heute Diele, hat einen offenen von Sandstein umrahmten Kamin.
In den besonders großen Schlußstein ist ein stilisiertes X
eingemeißelt.
Nach der Chronik Herhahn soll es sich bei dem Symbol
um ein „Hauszeichen“ handeln. Ein Hauszeichen oder auch Hofmarke
genannt, war früher das erstgeburtsrechtliche, erbliche
Eigentumszeichen
an Haus und Hof und wurde häufig auch rechtsverbindlich
anstelle der Unterschrift benutzt. Der Herdraum wurde später
infolge der geänderten Nutzung des Hauses so nicht mehr benötigt
und erhielt durch den Einbau einer prächtigen Wendeltreppe
eine neue Funktion. Die Spindeltreppe ist aus Holz; sie ist im
Barockstil
gearbeitet und macht bis zum Speicher eine volle Drehung.
Die Zimmerdecken sind als „Kölner Decken“ weitgehend
erhalten,
ebenso die Zimmertüren aus der Zeit um 1900. Typisch für den
Baustil des Hauses sind die Fensternischen mit ihren Korbbögen,
die sich nach außen verjüngen.
Zur Straße wird der Hof durch eine Mauer begrenzt, in
der sich ein
großes Tor und eine Fußgängerpforte befinden. Die Tordurchfahrt
wurde früher von einem Sandsteinbogen mit verziertem Schlußstein
umrandet. Die Mauer über dem Bogen war mit einem Schieferdach
versehen. Heute fehlt das steinerne Oberteil des Torbogens und
wird durch ein schmales waagerechtes Satteldach ersetzt, das deutlich
höher liegt, als der alte Bogen. Die Änderung der Toreinfahrt
soll angeblich wegen der Größe und Höhe der neuzeitlichen Landmaschinen
erforderlich gewesen sein. Den oberen Abschluß der
Fußgängerpforte bildet ein fliegender Sandsteinbogen. Die Pforte ist
über die ganz Zeit hinweg unverändert geblieben. Hoftor und
Pforte bestanden früher aus massiven Eichenbohlen, die mit dicken
Kopfnägeln beschlagen waren. Beide Tore sind heute leider nicht
mehr vorhanden. Das große Tor wurde erneuert und der neuen
Höhe angepaßt, das kleine Törchen gestohlen. In den Aufzeichnungen der
Familie Herhahn wird besonders auf die sonnenstrahlenförmig
angeordneten Bretter des Törchens hingewiesen. An alten
Türen und Toren ist häufig eine solche Anordnung als Hinweis
auf die Sonne zu beobachten.
Für besonders unruhige Zeiten hatte man früher in und am
Haus
umfangreiche Sicherungsmaßnahmen getroffen. Die Außenmauern,
speziell die der rückwärtigen Scheune, waren mit Schießscharten
versehen; die Fenster des Wohnhauses werden noch heute von dicken
Eisenstäben gesichert. Die Haustüre hatte einen vierfachen
Verschluß und im Innern des Hauses war früher (heute nicht mehr)
eine Zimmertüre besonders dick und stabil ausgestattet; sie war mit
schweren Eisenbeschlägen und Verschlüssen versehen.
Rechts von der Toreinfahrt steht das sogenannte „Altteilshaus“. Ein
zweigeschoßiges Wohnhaus aus dem 18. – 19. Jahrhundert. Das
Haus liegt mit seiner Traufseite zur Straße und hat in der Mittelachse
einen Türeingang. Unter anderem war das Haus nach 1891
Altersruhesitz des aus dem Amt geschiedenen Bürgermeisters Johann
Adolph Kilian Herhahn und danach zeitweise von Sohn Leo
als Bürgermeisteramt genutzt.
Rechts neben dem Altteilshaus befindet
sich die frühere
halb überdachte
Dungstätte (Mist). Im rechten Winkel anschließend liegen die
ehemaligen Ställe, die im Kern aus dem 18. Jahrhundert stammen
und im 19. Jahrhundert erweitert wurden. In das Erdgeschoß der
Ställe hat sich nach 1974 Familie Kado ein privates Hallenbad einbauen
lassen.
Die Rückseite des Hofes bildet die queraufgeschlossene Bruchstein-
scheune aus dem 18. Jahrhundert, die sich an die Ställe anschließt.
Die Scheune hat eine rundbogige Durchfahrt, die auf der
Hofseite, ähnlich dem Hoftor, auch mit einem Sandsteinbogen versehen
ist. In den Außenwänden der Scheune befinden sich mehrere
von Sandstein umrahmte Lüftungsschlitze, die sich nach außen verjüngen.
In der südöstlichen Ecke des Hofes befindet sich an der Straße ein
kleines zweigeschoßiges Fachwerkhaus aus der 1. Hälfte des 19.
Jahrhunderts. Das Haus ist im vorderen Teil unterkellert und war
das frühere Knechte- und Gesindehaus des Hofes; das Baujahr
1822 kann man der Schnitzerei über dem Haustürbalken entnehmen.
Im 2. Weltkrieg sind durch Bombardierung und Artilleriebeschuß
zwar Schäden an Haus und Hof entstanden, die Dr. Jackels in einem
Aufsatz zwar erwähnt, aber nicht näher beschreibt.
Die Hofanlage ist aus hiesigem Bruchstein (Kalkstein) hergestellt.
Hinsichtlich seiner baulichen Anlage, der früheren Nutzung und der
Architektur ist der Hof von besonderer Qualität. Bis auf eine kleine
Scheune, die nach dem Krieg abgebrochen werden mußte, sind
noch alle Gebäude vorhanden. Allen Gebäuden ist immer noch die
ehemalige Nutzung und Funktion anzusehen. Die Architekturmerkmale
des 18. Jahrhunderts sind unverfälscht und die Veränderungen
des 19. Jahrhunderts grenzen sich klar vom Altbestand ab.
Im Innern des Haupthauses sind noch originale Einbauten vorhanden.
Die lehmverputzten Wände und Decken sind bis heute
noch weitgehend unversehrt oder in der alten Technik wiederhergestellt.
Aus der Familienchronik Herhahn geht hervor, daß auf dem
Hof in
der französischen Zeit um 1800 Bier gebraut wurde. Entsprechende
Schilder in französischer Sprache, die auf Hof und Brauerei hinwiesen,
sind noch lange erhalten geblieben. Angeblich soll der Keller
unter dem Anbau des Wohnhauses als Lagerkeller für das Bier
gedient haben. Auf einer Skizze von 1871, eine Beilage zur Chronik
Herhahn, wird der Anbau des Haupthauses noch als Brauerei bezeichnet.
Zu dieser Zeit produzierte die Brauerei Cramer bereits
auch schon 90 Jahre lang Bier.
Unter dem alten und vorderen Teil des Wohnhauses befindet sich
ein Gewölbekeller. Der Keller hat neben einer kleinen Treppe im Innern
auch ein großes Außentor zur Hofeinfahrt hin. Er soll früher der
Lagerung von Weinfässern gedient haben. Die Produktion von
Wein ist auf dem Hof durch eine alte Weinabgabeliste belegt.
Nach dem 1. Weltkrieg waren auf dem Hof französische, englische
und indische Truppen einquartiert. Nachdem die französische Kavallerie
abgerückt war, blieb eine englische Transporteinheit mit ihren
Pferden als Dauereinquartierung zurück.
Geschichte der Inhaberfamilien
B ü s c h: Joannes Henricus Büsch und Catharina Frohn bauten
1747 den Hof und hatten 3 Töchter.
J a c o b s: Anna Elisabeth, eine dieser 3 Töchter, erbte den Hof
und heiratete den Landwirt Theodor Jacobs aus Berg bei Floisdorf.
Das einzige Kind aus dieser Ehe, Anna Gertrudis , wird Hoferbin.
Z ü l l: Diese heiratet 1829 Johann Hubert Züll vom Züllhof aus
Berg und bringt den Hof in die Ehe ein (3 Töchter).
H e r h a h n: Die Zülltochter Anna Elisabeth erbt den Hof und heiratet
1856 Johann Adolph Kilian Herhahn (4 Kinder, 1 Sohn, 3
Töchter). Adolph Kilian war ein vom Staat ernannter Beamter und
als Bürgermeister (1858 – 1891) für die Ämter Wollersheim, Bürvenich,
Froitzheim und Füssenich zuständig. Nach der Heirat von
Sohn Leo machten die Eltern 1891 das große Wohnhaus frei und
zogen mit ihrer ledigen Tochter Catharina in das Altteilshaus. Die
Eltern starben 1898 (Vater) und 1900 (Mutter). Catharina wohnte
noch bis 1914 in dem Haus, verzog dann aber zu ihrer kranken
Schwester nach Bayern. Das Erbe an dem Altteilshaus soll sie nicht
in Anspruch genommen haben.
Josef Leonhard Herhahn (genannt Leo) heiratete 1891 Cäcilia Cramer
aus der hiesigen Brauerei. Das Ehepaar hatte 6 Kinder. Cäcilia
Herhahn ist 40jährig im Jahre 1900 früh verstorben. 8 Jahre nach
dem Tod seiner 1. Frau hat Leo Herhahn nochmals geheiratet. Mit
Maria Schäfer aus Flamersheim hatte er 2 Kinder. Leo Herhahn
war 30 Jahre lang (1891 bis 1921) Bürgermeister von Wollersheim;
allerdings nicht so lange wie sein Vater Kilian (33 Jahre). Beide
Bürgermeister, Kilian und später auch Sohn Leo Herhahn, hatten als
Regierungsbeamte häufig ein gespanntes Verhältnis zu dem eigenwilligen
Ortspfarrer Schulte.
Leo Herhahn hat nach dem Tod seines Vaters das Altteilshaus zeitweise
als Bürgermeisteramt genutzt.
Cäcilia Herhahn, Tochter aus 2. Ehe Leo Herhahn, ist nach ihrer
Hochzeit mit Dr. med. Albert Jackels in das Altteilshaus gezogen.
Nach dem 2. Weltkrieg hat die Familie ihren Wohnsitz nach Köln
verlegt.
Nach dem Tode von Leo Herhahn übernahmen zwei seiner Kinder
aus 1. Ehe, Else (+1973) und Josef (+1966), die Bewirtschaftung
des Hofes. Die Tochter von Josef Herhahn, Dr. med. Ingeborg Herhahn,
verheiratete Jansen, verkaufte 1974 den Hof an die Familie
Kado. Damit war der Name Herhahn auf dem Hof, nach 4 Generationen
oder fast 120 Jahren (1856-1974), endgültig erloschen.
K a d o: Leider mußte Familie Kado den Hof bereits 1991 wieder
verkaufen, weil der neue Berufsstandort von Sven Alexander Kado
für die Familie zu weit war und einen neuen Wohnsitz erforderlich
machte. Familie Kado hat während ihrer Zeit in Wollersheim an dem
Hof wohl die größten Änderungen und Renovierungen vorgenommen.
H e i n e: Die heutigen Besitzer, Reinhild und Harald Heine, haben
den Hof im Januar 1991 erworben und weiter renoviert. Ihnen blieb
es jetzt vorbehalten, das 250jährige Jubiläum des Hofes zu feiern
und auf die lange Reihe der Vorbesitzer zurückzuschauen.
Quellenangabe und Anmerkungen
Unveröffentlichter Aufsatz von Ingeborg Herhahn (1952). Untere
Denkmalbehörde,
Brief an die Stadt Nideggen von Prof. Dr. Hilger / O. Zanger w/
Eintragung in die
Denkmalliste (13.5.1982). Diverse Angaben und Anmerkungen zur Chronik
Herhahn
von Frau Alma Schult, Landshut. Notizen von Dr. Albert Jackels (o.
Datum). Foto
und
Landkartenarchiv Geschichtsverein Wollersheim e.V., sowie Fotografien
und Urkunden
aus dem Besitz der Familie Heine.
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