Nr. 40 / Juni 1998
 
Der Büschhof zu Wollersheim

1747 - 1997


Jubiläum
250 Jahre alt wurde 1997 der Büschhof. Ein stolzes Jubiläum, das man dem Hof nicht so ohne weiteres ansieht. Den Fachleuten des Denkmalschutzes war der gut erhaltene Zustand der kaum veränderten Gebäude schon immer bekannt; zählt der Hof doch zu den ältesten Gebäuden des Dorfes. Gerade die Merkmale Geschlossenheit, Vollständigkeit und Einheitlichkeit sind nach Ansicht der Experten charakteristisch für den Hof und stellen in besonderer Weise den historischen Wert der Anlage dar. Hinsichtlich seiner baulichen Anlage, der früheren Nutzung und der Architektur gibt der Hof noch heute Aufschluß über die damalige Lebensweise seiner Bewohner und läßt Rückschlüsse über die früheren Arbeits- und Produktionsverhältnisse zu.
Der Hof ist nach wie vor im Privatbesitz und kann leider nicht besichtigt werden.

Lage des Hofes
Der Büschhof liegt heute mitten im Dorf an der Zehnthofstraße und hat die Hausnummern 29, 31 und 33. Als Johann Heinrich Büsch vor 250 Jahren mit dem Hofbau begann, lag der Bauplatz, wie aus einer alten Karte zu ersehen, dagegen noch fast am Ortsausgang. Die Hofanlage ist rechtwinklig. 55 Meter mißt die Straßenflucht und 110 Meter die Längsachse. Hausgarten und Obstwiese reichen bis an den Wollersheimer Bach heran.
Das 1747 dem damaligen Bauherrn noch eine so relativ große Parzelle zur Verfügung stand, ist aus heutiger Sicht verwunderlich. Das Dorf bestand damals im Wesentlichen aus 26 Lehnshöfen, die alle dem Stiftshof unterstanden bzw. dem Kloster Maria im Kapitol gegenüber abgabepflichtig waren. Verwunderlich auch deshalb, weil die Vorfahren der Eheleute Büsch nicht aus Wollersheim stammten. Die Familie Büsch hat ihren Ursprung in Muldenau und die Familie Frohn stammt aus Embken. Bezüglich der Gründe für den Neubau gibt es in der Familienchronik Herhahn einen dort nicht näher kommentierten Hinweis: „......, daß unsere Vorfahren vor 1747 am Ausgang von Wollersheim auf Berg zu, einen Hof besaßen. ...ob der Hof ...durch .... Brand oder durch Kriegseinwirkung zerstört wurde, wissen wir nicht“. Dieser Vermerk läßt auch den Schluß zu, daß der obengenannte Neubau ein Wiederaufbau an einer anderen Stelle des hofeigenen Grundstückes gewesen sein könnte. Ab 1856 kam der Hof durch Erbfolge auf die Familie Herhahn, die den Hof vier Generationen lang (118 Jahre) besaß. In dieser Zeit bürgerte sich der Name „Herhahns Hof“ ein.

Beschreibung der Hofanlage
Der Hof ist eine mehrteilige Hofanlage aus dem 18. und 19. Jahrhundert und steht wegen seiner schönen altfränkischen Bauweise unter Denkmalschutz. Das Haupt- und Wohnhaus liegt mit dem Giebel zur Straße, ist zweigeschossig und aus verputztem Bruchstein. Das Baujahr des Hauses geht aus einer Inschrift, die in den oberen Abschluß der Sandstein-Umrahmung der Haustüre eingemeißelt ist, hervor:








Das Wohnhaus wurde in späteren Jahren so geschickt verlängert, daß man den Anbau optisch kaum von dem übrigen Gebäude unterscheiden kann. Das Baujahr des Anbaus ist nicht bekannt und läßt sich nur ungenau anhand vorliegender Karten zwischen 1871 und 1936 datieren.
Die Fenster mit den Sandsteingewänden sind unverändert geblieben und haben ihre ursprüngliche Größe behalten. Im Hauseingang (Haustüre) ist noch heute eine doppelschlägige (zweigeteilte) Tür im Originalzustand vorhanden.
Auch an der Innenaufteilung des Hauses ist in den vielen Jahren kaum etwas geändert worden. Der durchgehende mittlere Herdraum, heute Diele, hat einen offenen von Sandstein umrahmten Kamin. In den besonders großen Schlußstein ist ein stilisiertes X eingemeißelt. Nach der Chronik Herhahn soll es sich bei dem Symbol um ein „Hauszeichen“ handeln. Ein Hauszeichen oder auch Hofmarke genannt, war früher das erstgeburtsrechtliche, erbliche Eigentumszeichen an Haus und Hof und wurde häufig auch rechtsverbindlich anstelle der Unterschrift benutzt. Der Herdraum wurde später infolge der geänderten Nutzung des Hauses so nicht mehr benötigt und erhielt durch den Einbau einer prächtigen Wendeltreppe eine neue Funktion. Die Spindeltreppe ist aus Holz; sie ist im Barockstil gearbeitet und macht bis zum Speicher eine volle Drehung.

Die Zimmerdecken sind als „Kölner Decken“ weitgehend erhalten, ebenso die Zimmertüren aus der Zeit um 1900. Typisch für den Baustil des Hauses sind die Fensternischen mit ihren Korbbögen, die sich nach außen verjüngen.
Zur Straße wird der Hof durch eine Mauer begrenzt, in der sich ein großes Tor und eine Fußgängerpforte befinden. Die Tordurchfahrt wurde früher von einem Sandsteinbogen mit verziertem Schlußstein umrandet. Die Mauer über dem Bogen war mit einem Schieferdach versehen. Heute fehlt das steinerne Oberteil des Torbogens und wird durch ein schmales waagerechtes Satteldach ersetzt, das deutlich höher liegt, als der alte Bogen. Die Änderung der Toreinfahrt soll angeblich wegen der Größe und Höhe der neuzeitlichen Landmaschinen erforderlich gewesen sein. Den oberen Abschluß der Fußgängerpforte bildet ein fliegender Sandsteinbogen. Die Pforte ist über die ganz Zeit hinweg unverändert geblieben. Hoftor und Pforte bestanden früher aus massiven Eichenbohlen, die mit dicken Kopfnägeln beschlagen waren. Beide Tore sind heute leider nicht mehr vorhanden. Das große Tor wurde erneuert und der neuen Höhe angepaßt, das kleine Törchen gestohlen. In den Aufzeichnungen der Familie Herhahn wird besonders auf die sonnenstrahlenförmig angeordneten Bretter des Törchens hingewiesen. An alten Türen und Toren ist häufig eine solche Anordnung als Hinweis auf die Sonne zu beobachten.

Für besonders unruhige Zeiten hatte man früher in und am Haus umfangreiche Sicherungsmaßnahmen getroffen. Die Außenmauern, speziell die der rückwärtigen Scheune, waren mit Schießscharten versehen; die Fenster des Wohnhauses werden noch heute von dicken Eisenstäben gesichert. Die Haustüre hatte einen vierfachen Verschluß und im Innern des Hauses war früher (heute nicht mehr) eine Zimmertüre besonders dick und stabil ausgestattet; sie war mit schweren Eisenbeschlägen und Verschlüssen versehen.
Rechts von der Toreinfahrt steht das sogenannte „Altteilshaus“. Ein zweigeschoßiges Wohnhaus aus dem 18. – 19. Jahrhundert. Das Haus liegt mit seiner Traufseite zur Straße und hat in der Mittelachse einen Türeingang. Unter anderem war das Haus nach 1891 Altersruhesitz des aus dem Amt geschiedenen Bürgermeisters Johann Adolph Kilian Herhahn und danach zeitweise von Sohn Leo als Bürgermeisteramt genutzt.
Rechts neben dem Altteilshaus befindet sich die frühere halb überdachte Dungstätte (Mist). Im rechten Winkel anschließend liegen die ehemaligen Ställe, die im Kern aus dem 18. Jahrhundert stammen und im 19. Jahrhundert erweitert wurden. In das Erdgeschoß der Ställe hat sich nach 1974 Familie Kado ein privates Hallenbad einbauen lassen.
Die Rückseite des Hofes bildet die queraufgeschlossene Bruchstein- scheune aus dem 18. Jahrhundert, die sich an die Ställe anschließt. Die Scheune hat eine rundbogige Durchfahrt, die auf der Hofseite, ähnlich dem Hoftor, auch mit einem Sandsteinbogen versehen ist. In den Außenwänden der Scheune befinden sich mehrere von Sandstein umrahmte Lüftungsschlitze, die sich nach außen verjüngen.
In der südöstlichen Ecke des Hofes befindet sich an der Straße ein kleines zweigeschoßiges Fachwerkhaus aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das Haus ist im vorderen Teil unterkellert und war das frühere Knechte- und Gesindehaus des Hofes; das Baujahr 1822 kann man der Schnitzerei über dem Haustürbalken entnehmen.
Im 2. Weltkrieg sind durch Bombardierung und Artilleriebeschuß zwar Schäden an Haus und Hof entstanden, die Dr. Jackels in einem Aufsatz zwar erwähnt, aber nicht näher beschreibt. Die Hofanlage ist aus hiesigem Bruchstein (Kalkstein) hergestellt. Hinsichtlich seiner baulichen Anlage, der früheren Nutzung und der Architektur ist der Hof von besonderer Qualität. Bis auf eine kleine Scheune, die nach dem Krieg abgebrochen werden mußte, sind noch alle Gebäude vorhanden. Allen Gebäuden ist immer noch die ehemalige Nutzung und Funktion anzusehen. Die Architekturmerkmale des 18. Jahrhunderts sind unverfälscht und die Veränderungen des 19. Jahrhunderts grenzen sich klar vom Altbestand ab. Im Innern des Haupthauses sind noch originale Einbauten vorhanden. Die lehmverputzten Wände und Decken sind bis heute noch weitgehend unversehrt oder in der alten Technik wiederhergestellt.

Aus der Familienchronik Herhahn geht hervor, daß auf dem Hof in der französischen Zeit um 1800 Bier gebraut wurde. Entsprechende Schilder in französischer Sprache, die auf Hof und Brauerei hinwiesen, sind noch lange erhalten geblieben. Angeblich soll der Keller unter dem Anbau des Wohnhauses als Lagerkeller für das Bier gedient haben. Auf einer Skizze von 1871, eine Beilage zur Chronik Herhahn, wird der Anbau des Haupthauses noch als Brauerei bezeichnet. Zu dieser Zeit produzierte die Brauerei Cramer bereits auch schon 90 Jahre lang Bier.
Unter dem alten und vorderen Teil des Wohnhauses befindet sich ein Gewölbekeller. Der Keller hat neben einer kleinen Treppe im Innern auch ein großes Außentor zur Hofeinfahrt hin. Er soll früher der Lagerung von Weinfässern gedient haben. Die Produktion von Wein ist auf dem Hof durch eine alte Weinabgabeliste belegt. Nach dem 1. Weltkrieg waren auf dem Hof französische, englische und indische Truppen einquartiert. Nachdem die französische Kavallerie abgerückt war, blieb eine englische Transporteinheit mit ihren Pferden als Dauereinquartierung zurück.

Geschichte der Inhaberfamilien
B ü s c h: Joannes Henricus Büsch und Catharina Frohn bauten 1747 den Hof und hatten 3 Töchter.
J a c o b s: Anna Elisabeth, eine dieser 3 Töchter, erbte den Hof und heiratete den Landwirt Theodor Jacobs aus Berg bei Floisdorf. Das einzige Kind aus dieser Ehe, Anna Gertrudis , wird Hoferbin.
Z ü l l: Diese heiratet 1829 Johann Hubert Züll vom Züllhof aus Berg und bringt den Hof in die Ehe ein (3 Töchter).
H e r h a h n: Die Zülltochter Anna Elisabeth erbt den Hof und heiratet 1856 Johann Adolph Kilian Herhahn (4 Kinder, 1 Sohn, 3 Töchter). Adolph Kilian war ein vom Staat ernannter Beamter und als Bürgermeister (1858 – 1891) für die Ämter Wollersheim, Bürvenich, Froitzheim und Füssenich zuständig. Nach der Heirat von Sohn Leo machten die Eltern 1891 das große Wohnhaus frei und zogen mit ihrer ledigen Tochter Catharina in das Altteilshaus. Die Eltern starben 1898 (Vater) und 1900 (Mutter). Catharina wohnte noch bis 1914 in dem Haus, verzog dann aber zu ihrer kranken Schwester nach Bayern. Das Erbe an dem Altteilshaus soll sie nicht in Anspruch genommen haben.
Josef Leonhard Herhahn (genannt Leo) heiratete 1891 Cäcilia Cramer aus der hiesigen Brauerei. Das Ehepaar hatte 6 Kinder. Cäcilia Herhahn ist 40jährig im Jahre 1900 früh verstorben. 8 Jahre nach dem Tod seiner 1. Frau hat Leo Herhahn nochmals geheiratet. Mit Maria Schäfer aus Flamersheim hatte er 2 Kinder. Leo Herhahn war 30 Jahre lang (1891 bis 1921) Bürgermeister von Wollersheim; allerdings nicht so lange wie sein Vater Kilian (33 Jahre). Beide Bürgermeister, Kilian und später auch Sohn Leo Herhahn, hatten als Regierungsbeamte häufig ein gespanntes Verhältnis zu dem eigenwilligen Ortspfarrer Schulte.
Leo Herhahn hat nach dem Tod seines Vaters das Altteilshaus zeitweise als Bürgermeisteramt genutzt.
Cäcilia Herhahn, Tochter aus 2. Ehe Leo Herhahn, ist nach ihrer Hochzeit mit Dr. med. Albert Jackels in das Altteilshaus gezogen. Nach dem 2. Weltkrieg hat die Familie ihren Wohnsitz nach Köln verlegt.
Nach dem Tode von Leo Herhahn übernahmen zwei seiner Kinder aus 1. Ehe, Else (+1973) und Josef (+1966), die Bewirtschaftung des Hofes. Die Tochter von Josef Herhahn, Dr. med. Ingeborg Herhahn, verheiratete Jansen, verkaufte 1974 den Hof an die Familie Kado. Damit war der Name Herhahn auf dem Hof, nach 4 Generationen oder fast 120 Jahren (1856-1974), endgültig erloschen.
K a d o: Leider mußte Familie Kado den Hof bereits 1991 wieder verkaufen, weil der neue Berufsstandort von Sven Alexander Kado für die Familie zu weit war und einen neuen Wohnsitz erforderlich machte. Familie Kado hat während ihrer Zeit in Wollersheim an dem Hof wohl die größten Änderungen und Renovierungen vorgenommen.
H e i n e: Die heutigen Besitzer, Reinhild und Harald Heine, haben den Hof im Januar 1991 erworben und weiter renoviert. Ihnen blieb es jetzt vorbehalten, das 250jährige Jubiläum des Hofes zu feiern und auf die lange Reihe der Vorbesitzer zurückzuschauen.


Quellenangabe und Anmerkungen
Unveröffentlichter Aufsatz von Ingeborg Herhahn (1952). Untere Denkmalbehörde, Brief an die Stadt Nideggen von Prof. Dr. Hilger / O. Zanger w/ Eintragung in die Denkmalliste (13.5.1982). Diverse Angaben und Anmerkungen zur Chronik Herhahn von Frau Alma Schult, Landshut. Notizen von Dr. Albert Jackels (o. Datum). Foto und Landkartenarchiv Geschichtsverein Wollersheim e.V., sowie Fotografien und Urkunden aus dem Besitz der Familie Heine.



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