Nr. 42 / August 1999
 
Das Wollersheimer Wappen

Im Zusammenhang mit der neuen Dorffahne wurden immer wieder Fragen zu dem abgebildeten Wappen gestellt. Mit diesem Geschichtsblatt versuchen wir eine Antwort.

Der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen erteilte am 27.11.1959 der damals noch selbständigen Gemeinde Wollersheim das Recht auf ein eigenes Wappen und ein Siegel.
Der Text der Urkunde hat folgenden Wortlaut:

Auf Grund des § 11 Abs. 3 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein- Westfalen vom 28. Oktober 1952 (GS. NW. S. 167) genehmige ich, daß die Gemeinde Wollersheim, Landkreis Düren, das im angehefteten Entwurf dargestellte Wappen und Siegel führt.
Düsseldorf, den 27.11.1959

Der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen

Bevor wir uns mit dem Wappen näher beschäftigen, wollen wir der Frage nachgehen, wie Wappen entstanden sind. Dafür müssen wir das Rad der Geschichte etwa 900 Jahre zurückdrehen, und zwar in die Zeit der Kreuzzüge.
Das Heer der Kreuzfahrer bestand aus Rittern des gesamten Abendlandes. Zur Unterscheidung der einzelnen Einheiten gingen die Ritter dazu über, ihre Rüstung farbig zu bemalen. Da man nur sechs Farben verwendete, rot, blau, grün, schwarz und die zwei Metalle Silber (weiß) und Gold (gelb), waren die Möglichkeiten, sich gegenseitig nur durch Farben von Schild und Rüstung zu unterscheiden, rasch erschöpft. Um Verwechslungen zu vermeiden, mußte der Ritter ein nur für seine Person oder seine Mannen gültiges Kennzeichen schaffen. Entweder setzte er in das Schildfeld eine Figur, oder, was einfacher war, er teilte das Feld und bemalte den Schild mit zwei oder mehr Farben. Daraus entwickelten sich im Laufe der Zeit typische Wappen für die einzelnen Rittergeschlechter.

Doch das Wappen diente nicht nur im Kriegsfalle zur Kennzeichnung, es fand später bei wichtigen Rechtsgeschäften Verwendung. Wie heute eine Urkunde ohne amtlichen Stempel kaum denkbar ist, so versah man in früherer Zeit ein Schriftstück mit dem Siegel des Verfassers.

Bis zur Besetzung der Rheinlande durch die Franzosen im Jahre 1794 bildeten Wollersheim und Embken einen gemeinsamen Gerichtsbezirk. Dieses Gericht verfügte selbstverständlich über ein Siegel. Es existieren heute noch verschiedene Abdrucke, deren Zustand allerdings nicht besonders gut ist, und die teilweise beschädigt sind.

Am 17.5.1951 stellte der Gemeinderat von Wollersheim den Antrag, in seinem Siegel das Wappen des früheren Gerichts Embken-Wollersheim führen zu dürfen. Durch Hauptlehrer Cüppers aus Stockheim ließ man eine Deutung der früheren Schöffensiegel erstellen. Für seine Analyse legte er die Siegel von 1423, 1498 und 1556 zugrunde und kam zu folgendem Ergebnis:
Die Siegel zeigen links die Gottesmutter mit dem Jesuskind auf dem Arm. In der rechten Siegelhälfte ist die hl. Kaiserin Helena zu sehen. Auf ihrer rechten Hand steht aufrecht eine große Zange, und zwischen ihr und der Gottesmutter ist ein Nagel dargestellt. In der linken Hand trägt die hl. Helena ein Häuschen und nach unten hin einen Hammer. In der Mitte der unteren Hälfte ist dem Siegel ein Wappenschild mit aufrecht schreitendem Löwen aufgelegt.

Das Siegel läßt folgende Deutung zu: Die Muttergottes weist als Patronin auf das freiadelige Stift St. Maria im Kapitol hin, das mindestens seit dem 12. Jahrhundert Grundherrin in Wollersheim war. Die hl. Helena mit den Leidenswerkzeugen deutet auf das Patrozinium der Kirche Kreuzauffindung hin. Das Häuschen, das die Heilige in der linken Hand trägt, versinnbildet die Wollersheimer Kirche. Der Löwe im Wappenschild ist das Zeichen des obersten Gerichtsherrn, des Herzogs von Jülich.

Der Antrag der Gemeinde für das Wappen ging zunächst an das Staatsarchiv Düsseldorf zur Stellungnahme. Das Staatsarchiv begrüßte sehr, daß sich die Gemeinde bei der Wahl ihres Wappens an das altehrwürdige Gerichtssiegel des Dingstuhls Wollersheim- Embken anlehnen wolle. Allerdings schloß sich Staatsarchivdirektor Dr. Vollmer nicht der vom Amt Nideggen vorgelegten Deutung an. Dr. Vollmer sah wegen der dargestellten Attribute in der neben der Muttergottes abgebildeten Frauengestalt die hl. Agatha, die Schutzpatronin der Kirche zu Embken. Er stützte sich dabei auf Siegelabdrucke von 1493 und 1606.

Die gegensätzlichen Standpunkte führten zu einem Schriftwechsel, der sich über ein Jahr lang hinzog. Dabei rückte keine Seite von ihrem eingenommenen Standpunkt ab. Schließlich machte das Staatsarchiv dem Amte Nideggen den Vorschlag, durch den Heraldiker Wolfgang Pagenstecher einen Entwurf für das Wappen anfertigen zu lassen. Da die Gemeinde Embken zeitgleich einen Antrag auf Wappengenehmigung gestellt hatte, kam es darüber hinaus immer wieder zu Verwechslungen zwischen Embken und Wollersheim. Erst ein Besuch von Amtsdirektor Dahle im Dezember 1952 bei Herrn Pagenstecher in Düsseldorf brachte Ordnung in die inzwischen äußerst verworrene Situation.

In Anlehnung an die alten Siegel entwarf der Heraldiker das Wollersheimer Wappen. Es zeigt unten in der Mitte ein Wappenschild mit steigendem Löwen. Links im Wappen steht die Muttergottes in rotem Gewande und blauem Mantel mit dem Jesuskind auf dem Arm und drei gelben Gerstenähren in der rechten Hand. Die Ähren deuten auf Wollersheim als dem Zentralort des Gerstenanbaugebietes der Voreifel hin. Hinter dem Jülicher Schild sehen wir ein gelbes Kreuz, das von der hl. Helena gehalten wird. Sie trägt ein rotes Gewand, ein blaues Mieder und einen blauen Mantel.
Dieser Vorschlag führte am 16.9.1953 zu einem Gemeinderatsbeschluß, der lautete: "Der Rat beschließt einstimmig die Einführung des im Entwurf vorliegenden Wappens und Siegels". Bis zur Genehmigung durch das Land dauerte es, wie bereits anfangs unserer Ausführungen geschildert, noch bis zum 27.11.1959.

Die Gemeinde Wollersheim hat am 1.1.1972 ihre Selbständigkeit verloren. Damit büßten auch Wappen und Siegel ihre amtliche Funktion ein. Mit Genehmigung des Stadtrates Nideggen vom 9.5. 1990 verwendet der Geschichtsverein Wollersheim e.V. das Wappen als Logo. Jetzt soll das Wappen in der neuen Dorffahne weiterleben.



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