Nr. 46 / Februar 2002
 
Gerichtlicher Immobiliar-Verkauf Stiftung Schmidt


So beginnt die notarielle Urkunde über die Versteigerung der Ländereien, die der Ackerer und Kirchenpräsident Joseph Schmidt der Pfarre Wollersheim zum Bau einer neuen Kirche vermacht hatte.
In unserem Buch "Die Neue Kirche zu Wollersheim" schrieben wir: In welcher Form und mit welcher Intensität das Besitztum in liquides Kapital umgewandelt worden ist, geht aus den Unterlagen nicht hervor.
Inzwischen konnten wir das Versteigerungsprotokoll vom 13. und 14. September 1871 einsehen.
Es lässt den Schluss zu, dass schon bald nach dem Tode des Joseph Schmidt am 13.10.1869 die Bemühungen einsetzten, die geerbten Grundstücke zu verkaufen.

Am 16. März 1870 wurde "die Verwaltung der Katholischen Pfarrkirche zu Wollersheim durch die hohe erzbischöfliche Behörde zu Cöln ermächtigt, als Benefiziar Erbin des Nachlasses des zu Wollersheim verlebten Ackerers und Kirchenraths Präsidenten Joseph Schmidt den öffentlichen Verkauf der zu diesem Nachlasse gehörigen Immobilien zu veranlassen". Auf Antrag der "besagten Kirchenverwaltung verordnete das Königliche Landgericht zu Aachen durch Rathskammerbescheid vom 23. Mai 1870 den öffentlichen Verkauf der betreffenden Nachlaßimmobilien" .
Der Rathskammerbescheid enthielt die Verkaufsbedingungen und die Auflage, die Verkaufsanzeige in den Dürener Anzeiger "einzurücken". Mit den Verkaufsbedingen war die Kirchenverwaltung nicht einverstanden. Bei Verhandlungen erreichte sie Änderungen, denen das Königliche Landgericht durch einen Bescheid vom 13. Februar 1871 zustimmte.

Die Grundstücke des verstorbenen Joseph Schmidt lagen überwiegend in den Gemarkungen Vlatten und Wollersheim, einige aber auch in Berg und Embken. Es muß sich um eine Vielzahl von kleinen Parzellen gehandelt haben. Nur wenige erreichten eine Größe von einem Morgen oder mehr.
Die ersten Versteigerungen fanden am 31. Mai und l. Juni 1871 in Vlatten, am 5., 6. und 7. Juni 1871 in Wollersheim beim Gastwirt Carl Cramer statt. Einem Teil der Immobilien wurde kein Zuschlag erteilt, weil keine annehmbaren Gebote vorlagen. Eine Niederschrift über diese ersten Verkaufstage liegt uns leider nicht vor.

Für weitere Versteigerungstermine benötigte die Kirchenverwaltung erneut die Genehmigung des Königlichen Landgerichts zu Aachen. Am 12. Juli 1871 erging ein Rathskammerbescheid mit der Erlaubnis, die unverkauft gebliebenen Immobilien unterhalb der Taxe und zu jedem Preise zu veräußern. Verkaufsanzeigen erschienen am 19. August 1871 im Dürener Anzeiger und durch Bekanntmachung in den betroffenen Dörfern:
"Nachdem sämmtliche durch das Gesetz vorgeschriebenen Förmlichkeiten erfüllt waren, ersuchte der Ackerer Theodor Heinen, handelnd als Rendant der Verwaltung der Katholischen Pfarrkirche, den instrumentierenden Notar, zum Verkaufe zu schreiten“.
Am 13. September 1871 nachmittags 2 Uhr begann die Versteigerung in Vlatten. Es gelangten 19 Grundstücke zum Verkauf.
Die Versteigerung in Wollersheim erfolgte am 14. September 1871 ebenfalls nachmittags 2 Uhr. Sie dauerte bis gegen halb neun Uhr abends. In Wollersheim handelte es sich um 44 Parzellen .

Die lange Dauer des Verkaufs ist einerseits auf die große Zahl der Grundstücke zurückzuführen, andererseits trug auch das Prozedere dazu bei. Im Protokoll lesen wir dazu: "Sämmtliche Ausstellungen geschehen bei brennendem Lichte und wurde der Zuschlag erst dann ertheilt, nachdem bei einem Gebote drei nacheinander angezündete Kerzchen, von denen jede wenigstens eine Minute brannte, erloschen waren, ohne dass ein Mehrgebot erfolgte".

Der überwiegende Teil der Käufer gab als Beruf Ackerer an. Als weitere Berufsbezeichnungen finden wir in der Niederschrift Privatförster, Müller, Tagelöhner, Pliesterer, Kleinhändler, Knecht, Hufschmied, Schuster, Handelsmann, Schmied, Fabrikarbeiter und Lumpensammler.
Alle Bieter hatten einen Bürgen zu benennen. Dabei fällt auf, dass man sich gegenseitig unterstützte. Ersteigerte z.B. Christian Honnef eine Parzelle, bürgte Hubert Bertram. Kaufte Hubert Bertram, stand Christian Honnef als Bürge zu Verfügung. Beide Partner unterzeichneten die Versteigerungsniederschrift. Lediglich im Falle eines Tagelöhners fehlt die Unterschrift. Es heißt hier: "Nach Vorlesung hat Bürge unterschrieben, nachdem Ankäufer hierzu ersucht, erklärt hatte, weder im Schreiben noch Unterschreiben erfahren zu sein und ebenso wenig ein Handzeichen machen zu können".
Der Kaufpreis konnte sofort oder in zehn gleichen Raten, beginnend am 30. Dezember 1871, entrichtet werden. Die Zinsen betrugen 5 Prozent pro Jahr.

Bei den Versteigerungen am 13. und 14. September 1871 wurden nur vier Grundstücke zum Schätzwert oder knapp darüber verkauft. Für alle anderen Parzellen boten die Interessenten nur Beträge weit unter der Taxe. Einige Immobilien erreichten nur 10 bis 15 Prozent des Wertes.

Der Gesamterlös des Verkaufes lag bei 1. 547 Talern.



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