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Als in
Wollersheim für einen Ochsen
in der Kirche gebetet wurde
Bei Gesprächen mit ortsansässigen Zeitzeugen wird immer mal wieder von
einer Überlieferung berichtet, die sich so oder so ähnlich zugetragen
haben soll.
Arnold Esser (*) aus Wollersheim, Vater von Jakob Esser
(**), war von Beruf Steinmetz und verwaltete an der Berger Chaussee den
Gemeindesteinbruch, der gegenüber dem Weg nach Gödersheim lag und bei
der Flurbereinigung 1906 aufgegeben wurde. Arnold Esser stellte unter
anderem auch Steintröge und Steinkreuze her. Als ihm einmal ein
Steinkreuz misslang, wollte er es nicht wegwerfen und stellte es
provisorisch an der Zufahrt zum Steinbruch auf.
Der Steinbruch oder die Steinbrüche (Gemeindebruch)
lagen von der Straße aus gesehen weiter zurück und konnten nur über
einen Zufahrtsweg erreicht werden. An der Einmündung dieses Weges zur
Landstraße nach Berg bekam das besagte
und nicht mehr zu verkaufende Kreuz einen neuen Standort. Steinbruch
und Weg sind um 1908 im Rahmen der damaligen Flurbereinigung aufgegeben
und eingeebnet worden.
In dem Steinbruch wurden damals unter anderem die Steine mit
Schwarzpulver aus der Gebirge heraus gesprengt. Der Abtransport
erfolgte mit Ochsenkarren. Bei einer Sprengung flogen versehentlich
einmal verschiedene kleine Bruchstücke in die falsche Richtung und
trafen den in einer Karre eingespannten Ochsen von Arnold Esser. Der
Ochse riss sich los, galoppierte in Richtung Straße aus der Grube
heraus und riss mit seiner Karre das besagte missratene Kreuz um.
Einige Zeit später kam der Wollersheimer Pastor (vermutlich Pfarrer
Schulte) brevierbetend und nichtsahnend an der Unfallstelle vorbei und
sah das umgerissene und lädierte Kreuz. Der Pfarrer muss so entsetzt
gewesen sein, das er am nächsten Sonntag während der Messe die Gemeinde
aufforderte für den Frevler zu beten, der das Kreuz umgerissen und
geschändet habe.
Arnold Esser und sein Sohn Jakob, die beide natürlich in der Kirche
waren und zwischen den Männern unten im Turm standen, wunderten sich
über das Gebet des Pastors. Arnold Esser muss daraufhin lakonisch
gesagt haben: dä, do bödde se füe menge Oaß (dä, da beten sie für
meinen Ochsen). Im Rahmen der Flurbereinigung um 1970 sollte angeblich
das Gelände um das Kreuz umgestaltet werden. Horst Esser (***)
erzählte, dass er noch frühzeitig den Abtransport des Kreuzes
verhindern und das Kreuz seines Urgroßvaters retten konnte. Später
bekam das Kreuz einige Meter weiter höher in der Böschung einen neuen
Standort.
Das Kreuz trägt keine Inschrift und steht auch heute noch an diesem
Platz. Inzwischen hat das Kreuz einen kleinen gepflasterter Vorplatz
erhalten.
(*) Arnold Esser, geboren
1847, verheiratet mit Maria
Cremer,
(**)
Jakob Esser, geboren 1881, verheiratet mit Sofia Lauterbach,
(***)
Horst Esser, Enkel von Jakob Esser und Sohn von Anna Maria Esser
Notiert
bei einem Gespräch mit Horst Esser, Pützweg, am 24.8.2002 und
nacherzählt von H-G.
Fries.
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