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Kriegsende in
Wollersheim
Am 1. März
1945 rückte die 1. Brigade der 9. Panzerdivision der US-Armee von Drove
und Berg kommend gegen Wollersheim vor. Beim Angriff unterstützte sie
ein Bataillon des 310. Infanterieregiments der 78. Infanteriedivision.
Am 2. März eroberten amerikanische Truppen das Dorf und besetzten es.
Damit war der Krieg für die wenigen in Wollersheim verbliebenen
Einwohner beendet.
Im Hinblick
auf den 60. Jahrestag wollen wir das Geschehen des 2. März 1945 von
verschiedenen Seiten aus beleuchten. Zunächst haben wir versucht,
amtliche
Aufzeichnungen der militärischen Verbände zu erhalten. Das ist uns
leider nur teilweise gelungen. Aus dem Monat März 1945 liegen keine
Kriegstagebücher der im hiesigen Raum eingesetzten deutschen
Truppenteile vor. Die deutschen Einsatzberichte brechen mit dem 28.
Februar 1945 ab. Von amerikanischer Seite stand uns die Truppenverband-Chronik des 60. Gepanzerten
Infanterie Bataillons auszugsweise zur Verfügung. Darin heißt es:
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Früh am Morgen des 1.
März begann der Gefechtsverband Collins den Vormarsch auf das Ziel
Wollersheim mit Fahrzeugen verstärkt durch die Kampfeinheit B/60 w/1,
Zug C/19 Panzer Bataillon, die Ausgangsstellung Berg, Deutschland, um 7
Uhr überquerend. Als die Kampfeinheit über Berg fuhr, schoß der Feind
etwa 50 Schuß von 105 mm Artillerie in das Dorf und verursachte eine
kurze Verzögerung des Angriffs. Nachdem die Lage geklärt war, traf der
Gefechtsverband auf eine hartnäckige, feindliche Streitmacht, geschätzt
eine Infanteriekompanie, unterstützt von MGs und Panzer-Abwehr-Feuer,
welche aus vorbereiteten Stellungen in Süden und Osten des Dorfes
schossen. Wegen dieses Widerstandes war Kompanie B, 60. Gepanzertes
Infanterie Bataillon gezwungen abzusitzen und den Angriff zuFuß weiter
zu führen.
Das Gelände in diesem
Sektor war fallend und ziemlich offen, so daß eine besonders gute
Verteidigungsstellung erforderlich war. Der Feind benutzte ein
ausgedehntes Schützengrabensystem als Laufgräben angelegt, um sich
allmählich zurück zu ziehen auf hochgelegenes Gelände 1,5 Meile
südöstlich von Berg in weitere vorbereitete Stellungen, während die
Artillerie unsere gesamte Angriffsliniestark unter Beschuß hielt.
Die ersten
Kriegsgefangenen dieses Morgens wurden als Fallschirmjäger der 3.
Fallschirmjägerdivision identifiziert. Während des Morgens war das
Wetter wolkig, und amNachmittag fiel ein leichter Regen.
Auf Grund des
entschlossenen feindlichen Widerstandes gegen Kompanie B, Kompanie A,
60. Gepanzertes Infanterie Bataillon, wurde um 14 Uhr ein Angriff
unternommen in die Richtung, wo man glaubte, daß sich die rechte Flanke
des Feindes befinde. Dieser Angriff führte bis fast zu dem Dorfrand von
Wollersheim im Nord-Westen. Er wurde sofort niedergeschlagen durch
schweres Artilleriefeuer, MG und Sturmgeschütze. Man war gezwungen, in
den Schützengräben des Feindes Deckung zu finden. Dieser Flankenangriff
veranlaßte den Feind, sich von der Höhe zurückzuziehen in gegenüber
Kompanie B vorbereitete Stellungen entlang des Dorfrandes. Sofort,
nachdem die vom Feind verlassene Höhe, 1,5 Km westlich von Wollersheim,
von Kompanie B eingenommen war, verteidigte Kompanie B den Hügel
erfolgreich gegen einen Angriff von 3 feindlichen Panzern undungefähr
100 Infanteristen.
Nachdem der Feind die
Stellungen von Kompanien A und B lokalisiert hatte, fuhr er mit
heftigem Artillerie- und MG-Feuer gegen diese Stellungen fort und
machte es so unmöglich, für jeder der Kompanien, während der Nacht
anzugreifen. Die ganze Nacht hindurch gebrauchte der Feind in großem
Umfang weißen Phosphor und Leuchtmunition, welche ihm half, die
Spähtrupps, welche Kompanie A losschickte, um die gut getarnten,
automatischen und direkten Feuerwaffen ausfindig zu machen, nieder zu
halten.
Am Morgen des 2. März um
7.00 Uhr starteten die Kompanien A und B wieder einen Angriff auf
Wollersheim, welcher erfolglos blieb. Kompanie A konnte nicht weiter
kommen wegen des Artilleriefeuers und des Beschusses mit automatischen
Waffen sowohl der Front als auch der Flanken. Kompanie B kam etwa 270 m
weiter, wurde aber bezwungen durch intensiven, direkten Beschuß aus dem
Ort und Beschuß mit automatischen Waffen und Einzelfeuer südlich einer
Höhe von Wollersheim. Um 10.20 Uhr wurde Kompanie C einbezogen in einen
Flankenangriff ohne Fahrzeuge durch eine Schwenkung nach Nordwesten des
Ortes, und Kompanie B ging in Reservestellung. Der Angriff der
Kompanien A und C konnte langsam und zeitgerecht stattfinden bei
intensivem feindlichem Feuer. Kompanie A drang in den Ort ein und
begann ihn zu erobern. Kurz nach Mittag begann sich der Feind zu
ergeben und um 17.15 Uhr war derOrt offiziell erobert.
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Nach diesem militärischen Rapport sollen Menschen zu Wort kommen, die
den 2. März 1945 vor Ort miterlebt haben. Ein Wollersheimer und
Soldaten beider Seiten berichten aus ihrer ganz persönlichen Sicht über
die letzten Tage bis zum Einmarsch der Amerikaner. Keiner dieser
Zeitzeugen hatte einen Gesamtüberblick. Dadurch stimmen die Aussagen
naturgemäß nicht in allen Details überein.
Franz Wollenweber,
Wollersheim / Vlatten
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Seit
Ende Februar 1945
hielten sich in unserem Hause (Bachstraße 14) neun Personen auf: meine
Mutter mit den sechs Kindern, Gertrud, Elisabeth, Franz, Peter, Willi,
Otto und Frau Regina Ramacher mit ihrer Tochter Regina Dohmen.
Nachmittags wurden wir öfters von Soldaten besucht, die Kaffee tranken
und danach wieder zu ihren Stellungen auf dem Kramberg zurückkehrten.
Es handelte sich insgesamt um acht Fallschirmjäger, die auch am 1. und
2. März 1945 den Amerikanern erbitterten Widerstand leisteten. Von
diesen acht haben die Kämpfe vermutlich nur zweiüberlebt.
Unser
Haus verfügte nur
über einen kleinen Keller. Mein Vater, der sich schon seit mehreren
Wochen beim Volkssturm befand, hatte in den Keller Etagenbetten aus
Holz eingebaut. Um möglichst viele Personen unterbringen zu können,
waren die Höhenabstände sehr gering gehalten. Bei Artilleriebeschuß und
nachts hielten sich alle Hausbewohner imKeller auf.
Am
Nachmittag des 2.
März 1945 nahmen die Amerikaner Wollersheim ein. Sie durchkämmten
sämtliche Häuser nach deutschen Soldaten. Auch die Räume unseres Hauses
wurden durchsucht. Es hielten sich aber keine Militärangehörigen bei
uns auf. Der letzte Fallschirmjäger, der bei uns zuGast war, fiel vor
dem Nachbarhause Hoffsümmer.
Im Laufe des
Nachmittags
wurde unser Haus ein zweites Mal von amerikanischen Soldaten
durchsucht. Dabei hatten sie wieder ihre Gewehre im Anschlag. Diesmal
nahmen sie alle Hausbewohner mit und brachten sie vor das Haus Harth
(Hardenberg 1). Hier saßen bereits zwei gefangene deutsche Soldaten,
die beiden überlebenden Fallschirmjäger vom Kramberg, auf Strohballen.
Dabei standen noch Maria Wahlen und Klara Heinen. Später kamen Johann
und Maria Schütz, Sophia Esser und Margarete Esser mit ihrem kranken
Kind Anna hinzu. Nachdem wir hier einige Stunden gewartet hatten,
brachten die Amerikaner gegen Abend alle in unser Haus. Verpflegung
durch die Besatzer gab es nicht. Die Frauen kochten, was im Hause
vorhanden war. Dazu gehörten Kartoffeln aus der eigenen Landwirtschaft
und Milch von unseren Kühen. Täglich gab es Milchsuppemit gemahlener
Gerste und gequetschtem Hafer.
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Pfc (Hauptgefreiter) Leo Koechner,
37746311; Maschinengewehr Trupp, Kompanie A (Ersatz)
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1.
März 1945: Wir
bekamen Anschluß zu der Frontlinie und eines Morgens wurde ein gutes
heißes Essen gegeben, dann starteten wir. Wir warfen unsere Gasmasken
weg, so daß wir mehr Munition tragen konnten. Bald wurden wir von
schweren Granaten beschossen. Wir gruben uns in Fuchslöcher ein. Bald
gingen wir weiter und gruben mehrere Fuchslöcher. Wir gruben diesen Tag
sieben Löcher, meine Hände hatten Blasen, aber das machte nichts; ich
war zu verängstigt. Diesen Abend fanden wir einige handgegrabene
Schützengräben. Sie waren im Zickzack angelegt undgekrümmt.
Wir
wurden jede Nacht
beschossen und hatten nichts anderes als Schokolade "D"-Riegel zum
Essen und Wasser. Die Panzer von unserem Trupp feuerten die ganze
Nacht; daseinzige was stand, war eine große Kirche.
2. März 1945: Am
nächsten Tag verließen wir unsere Schützengräben, um das Dorf
einzunehmen. Wir waren in flachen offenen Feldern eine halbe oder
dreiviertel Meile von dem Ort entfernt und rannten auf Wollersheim zu.
Das einzige, wo wir Deckung suchen konnten, waren einige Misthaufen.
Während ich lief, bekam ich einen Treffer in den linken Arm am
Ellbogen, aber ich merkte es nicht, bis ich das Blut sah - es war so
schrecklich. Ich versuchte, zurück zu laufen, aber ich fiel hin. Meine
Kameraden sagten, ich sollte mich rollen; das tat ich für eine lange
Zeit. Unser Erste-Hilfe-Mann kam und gab mir eine Spritze und schnürte
mir meinen Arm ab. Spät am Abend weckte er mich. Zwei deutsche Soldaten
waren da, um mir zu helfen. Mein Kamerad aus Arkansas hatte sie
gefangen genommen. Einer von ihnen wollte mir nicht helfen, weil ich
ganz voller Blut war. Mein Arkansas-Kamerad richtete sein Bajonett auf
das Hinterteil von ihm und befahl zu helfen oder er würde ihn töten; er
half. Sie legten uns in eine Reihe von Verwundeten und Toten von 25
oder 30 oder so. Nach acht Stunden Liegen auf dem Schlachtfeld –
natürlich schlafend - brachten sie michzu einer Erste-Hilfe-Station.
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Fallschirmjäger Ferdinand
Rauch
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Als
Fallschirmjäger gehörte ich der 14. Panzerjäger-Kompanie, 5.
Bataillon, 9. Regiment an. Durch die verlustreichen Kämpfe in der Eifel
konnte in Wollersheim nur noch eine sogenannte Kampftruppe Becker, die
45 bis 50 Mann stark war, eingesetzt werden. Sie stand unter dem
Kommando von Oberst K. H. Becker.
Nach der Aufgabe von Heimbach zog die Kampftruppe über Hergarten und
Vlatten nach Wollersheim. Über diese Strecke mußte ich neben meiner
Ausrüstung auch ein Maschinengewehr tragen. Die Kampftruppe bezog auf
dem Pützberg Stellung. Sie benutzte die schon vor vielen Monaten
ausgehobenen Laufgräben. Es wurden mehrere Maschinengewehre in Stellung
gebracht. Am Morgen des 1. März 1945 versuchten die Amerikaner, den
Pützberg zu erstürmen. Die deutschen Fallschirmjäger konnten den
Angriff jedoch abwehren. Danach nahm amerika- nische Artillerie den
Pützberg unter Beschuß. Bis auf eine Restbesatzung von ca. 15 Mann
zogen sich die Deutschen vom Pützberg ins Dorf zurück. Am Pützberg
fielen etwa 30 Amerikaner.
Am 1. März 1945 wurde auch der Kramberg von den deutschen Truppen
geräumt. Dabei handelte es sich nicht um Fallschirmjäger.
Nach Verlassen des Pützbergs verteilten sich die Fallschirmjäger im
Dorf. Ich brachte mein Maschinengewehr in einem Mauerloch, das von
einem Artillerietreffer stammte, in Stellung. Es war wohl die Scheune
der Familie Merzenich (Zehnthofstr. 13). Von hier aus konnte ich das
gesamte Gelände bis zu Kramberg und Heidling kontrollieren. Am 2. März
beschoß ich einen amerikanischen Panzerspähwagen.
Wegen der großen Entfernung prallten die Maschinengewehrkugeln jedoch
wirkungslos ab. Ein nachrückender Panzer nahm nunmehr die Scheune unter
Beschuß. Ich mußte jetzt meinen Platz aufgeben und die Scheune
verlassen.
Zum gleichen Zeitraum wurde um den Pützberg noch heftig gekämpft. Die
wenigen Deutschen konnten jedoch dem übermächtigen Druck nicht lange
standhalten. Im Laufe des Vormittags eroberten die Amerikaner den Hügel
und nahmen 10 bis 15 deutsche Soldaten gefangen. Am Pützberg fielen ca.
30 Amerikaner.
Gegen Mittag wurde den Verteidigern klar, daß Wollersheim nicht mehr zu
halten war. Um 12.00 Uhr verließen die letzten drei Panzer (ein
Panther, zwei Tiger II) das Dorf. Jetzt wurde auch bekannt, daß
Deutsche und Amerikaner für 16.00 Uhr die Kapitulation vereinbart
hatten. Ab 14.00 Uhr stellten beide Seiten das Feuer ein. Viele
deutsche Soldaten entledigten sich ihrer Waffen. Ich warf mein
Maschinengewehr in die Jauchegrube eines Bauernhofes. Ein geordneter
Rückzug erfolgte nicht. Vorgesetzte übten keine Funktionen mehr aus.
Jedem Soldaten war sein Handeln freigestellt. Ich verließ das Dorf mit
zwei Kameraden in Richtung Eppenich.
Zum Schutz vor Tieffliegern versteckten wir uns in einer Strohmiete. Es
standen zwei Mieten nebeneinander, die auch schon anderen Soldaten
Deckung boten. Hier wollten wir die Dunkelheit abwarten und dann
weiterziehen.
Im Laufe des Nachmittags näherte sich aus Richtung des Waldes ein
amerikanischer Jeep, der mit einem Maschinengewehr bestückt und mit
zwei Mann besetzt war. Drei Deutsche verließen die Deckung und gingen
dem Jeep langsam mit erhobenen Händen entgegen. Man wollte das Fahrzeug
auf Schußweite herankommen lassen, dann sollten sich die drei zu Boden
werfen und von der Miete aus sollten die Amerikaner mit einem
Maschinengewehr ausgeschaltet werden. Dieses Vorhaben mißlang jedoch,
da plötzlich ein zweiter Jeep auftauchte. So ergaben sich alle
Deutschen kampflos.
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