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Der Äezebäe
(von
Hans Henn)
Den alten
Wollersheimer
Straßenkarneval gibt es leider nicht mehr. In mehreren Etappen ging ein
Stück
nach dem anderen verloren. Selbst die ursprüngliche Symbolfigur, den
Äezebäe,
kennen heute nur noch wenige.
Die tollen Tage
beginnen am
Donnerstag vor Aschermittwoch. Wievefastelovend besitzen die Frauen die
unumschränkte Herrschaft. Männer, selbst „Hohe Herren“ verlieren für
einen Tag
ihre vermeintliche Macht.
Früher verkleideten
sich die
Frauen mit Masken und alten Kleidern zu Möhnen. Dafür wurde Oma`s
Sonntagsstaat
hervorgeholt. Gruppenweise trafen sich die Frauen in einem Hause und
wechselten
die Alltagskleidung gegen alte Klamotten. Maskierung und Verkleidung
waren so
perfekt, dass sich die Möhnen manchmal untereinander nicht erkannten,
obwohl
z.B. alle aus der „Krakau“ (Bezeichnung für den Bereich Zehnthofstr.
57-79) stammten.
Die Möhnen zogen durchs Dorf und baten bei einzelnen Familien um Speis
und
Trank. Um sich nicht mit ihrer Stimme zu verraten, trugen sie ein
Schild bei
sich mit der Aufschrift „Wir haben Hunger und Durst“. Natürlich war der
Durst
schlimmer, als der Hunger.
Weiberfastnacht
begann auch für
die Kinder der Karneval. Verkleidet und in den Händen den Rommelspott,
eine
Blechdose, klopften sie an die Haustüren und sangen:
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Rengele,
Rengele, Rengelche
komme a paa ärme Kengelche
jedden jet, on lot se john
lot se net ze lang vüje de Düje
stohn
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Ein anderes Lied lautete:
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Schamott,
Schamott, die Aal die
jeet kapott
schon wieder eine Seele vom
Alkohol gerettetet
schon wieder eine Seele vom
Alkohol befreit
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Dienstags gesellte sich zu den
Kindern der Äezebäe bzw. führte die Kinderschar an. Beim Äezebäe
handelte es
sich um einen der älteren Schuljungen, der von Kopf bis Fuß mit
Erbsenstroh umwickelt
wurde, um ihm ein bärenähnliches Aussehen zu verleihen.
Um den
Bauch band man eine Kette
oder ein Seil. Daran wurde der Äezebäe von einem Jungen gehalten und
tanzend
durch die Straßen geführt. Die Begleitmusik lieferten Kinder und
Jugendliche,
die jaulten und alte Kochkesseldeckel gegeneinander schlugen.
Um 1950
ging der letzte Äezebäe
durch das Dorf. Ab Mitte der 1970er Jahre sah man keine Kinder mehr mit
Rommelspott. Angeblich soll einigen Eltern der Heischegang der Kinder
unangenehm
gewesen sein.
Aus
Feuerwehr und Tambourcorps fand
sich etwa 1955 eine kleine Gruppe, die eine Karnevalsgesellschaft
gründete. Der
Verein nannte sich „Wollescheme Jecke“. Die finanziellen Mittel waren
mager.
Bei den Akteuren auf der Bühne handelte es sich nur um Wollersheimer.
Als
fremden Verein begrüßte man die Zülpicher Prinzengarde. Ortsfremde
Karnevalisten wurden nicht verpflichtet, dafür fehlte einfach das Geld.
Die
Gruppe trat mit eigenen Texten zu bekannten Liedern auf,
die Geschehnisse aus dem Dorfleben
persiflierten. Die Texte stammten überwiegend von Hubert Dohmen.
Angesagt
wurden die Beiträge von Heinrich Rick. Angelika Dohmen begleitete die
Sänger
mit dem Akkordeon.
Mitglieder
des Vereins waren,
bzw. es traten auf: Angelika Dohmen, Heinrich Dohmen, Hubert Dohmen,
Josef
Harscheidt, Gerhard Jungbluth, Michael Lauscher, Josef Lauterbach,
Franz Mundt,
Karl Pick, Heinrich Rick, Franz Wollenweber, Peter Wollenweber,
Heinrich
Zillken.
Die
„Wollescheme Jecke“ nahmen
fast ausschließlich das Dorfgeschehen unter die Lupe. Die
aufgegriffenen
Ereignisse liegen heute weit zurück. Sie sind daher nicht mehr aktuell
und
bringen nicht die Heiterkeit zum Ausdruck, die damals herrschte, wenn
der auf
`s Korn genommenen Zuhörer im Saale saß. Bei den Texten wurde
Hochdeutsch und
Platt gleichwertig verwendet. Es musste sich reimen und zur Melodie
passen.
Hier einige Beispiele:
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Um
sich zu freuen, braucht man
ein Motorrad
zur Villa Hügel fährt man mit
Motorrad
und wenn man keins hat, wird eins
geklaut
und wenn uns nachher auch der
Jupp verhaut
Gleich
nach dem vorletzten Feste
da saß bei Stupp om Abee
er hat sich bekotzt seine Weste
vom Kopf bis an den Zeh
Der Karl der feine Mann
der wool an die Wettfrau ran
anstatt möt ihr heem ze feze
blief he om Lokus seze
Ein
Heini steht im Saale ganz
still und stumm
er hat auf seinem Rücken ein
Hörnlein um
dä Jupp dä hat seng Kapp om Kopp
noher han se sich jeklopp
bös dat ärme Höenche wa janz kapott
Dä
Fox, dä Fox, dä klitzekleene,
kleene Fox
als Aktive deet hä net mie möt
keene weeß, woran dat litt
me sprech dovon, dat Klara öm
vielleicht ze vell om Maare litt
Des
sonntags in aller Frühe
et blees at wedde Appell
Paul-Jüpp der Feuerwehrführer
war janz alleen zur Stell
Do kome mieje vieje ahnjedout
do hätte os direkt ahnjebrollt
do hat ije Schwein jehat
sons hät ich üch e Nüllche jemaht
Do kom als Lezte jedresse
der stellvertretende Meeste
er loch beij dem Lisbeth om Fell
dröm kome ze spät zum Appell
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1959 löste sich die
Karnevalsgesellschaft „Wollescheme
Jecke“ auf.
Die in den Liedern
angesprochenen Personen sind dem Geschichtsverein
bekannt und können erfragt werden.
Sollten Sie, liebe Leser, noch weitere
Texte kennen, sind
wir für die Überlassung dankbar.
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