Leve Jott
jeff os Wasse
(von
Hans Henn)
So oder
ähnlich dürften die Wollersheimer über Jahrhunderte gebetet haben. Ein
Beweis dafür ist wohl die jährliche Segnung des Dorfbrunnens am
Pützberg. Die Bevölkerung bringt so ihren Dank zum Ausdruck, dass
dieser Brunnen auch bei großer Trockenheit stets Wasser führte.
Vielerorts glichen
Dorfbrunnen über Jahrhunderte während der Trockenmonate eher Kloaken
als Frischwasserspendern. Hausbrunnen lieferten häufig schlechtes
Trinkwasser, denn oft befanden sich in unmittelbarer Nähe Jauchegruben
und Misthaufen.
Seit Menschengedenken war
die Wasserversorgung für Mensch und Tier mit erheblichem Aufwand
verbunden. Der durchs Dorf fließende Bach konnte als Viehtränke genutzt
werden. Für die oft großen Familien musste reines Wasser täglich
herangeschleppt werden.
Um 1900
begann für Wollersheim eine neue Ära. Das Dorf erhielt eine
Wasserleitung. Der Bau dürfte 1898 begonnen worden sein. Das genaue
Datum der Inbetriebnahme der Wasserleitung kennen wir nicht. Auf Grund
von Presseberichten, der erste spricht auch die örtliche Situation an,
müssen wir das Jahr 1900 annehmen.
Die
Dürener Volkszeitung berichtete am 5.1.1898:
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"Wollersheim, Unsere bisherigen sehr
misslichen Wasserverhältnisse werden Dank den eifrigen Bemühungen
unserer Gemeindeverwaltung nunmehr sehr günstige werden. Es sollen
nunmehr die Arbeiten für die geplante Wasserleitung schon in nächster
Zeit in Angriff genommen werden. Im verflossenen Jahre wurden auf der
Vlattener Gemarkung an verschiedenen Stellen Bohrungen vorgenommen und
man fand schließlich 2 Quellen, welche, was höchst erfreulich ist,
ihre ursprüngliche Wasserstärke behalten haben. Die beiden Quellen
befinden sich auf dem Rittergute des Baron von Gagern. Das Wasser
derselben wurde chemisch untersucht und hierbei als sehr vorzüglich
befunden. Das Gefälle des betreffenden Geländes ist bereits abgemessen
und sollen die Vorarbeiten zur Legung der Leitungsrohre demnächst
begonnen werden. Die Besitzer der betreffenden Grundstücke haben auf
eine Anfrage der Verwaltung die Vornahme der Grundarbeiten betreffend
eingewilligt, wenn ihnen bei eintretendem Schaden Entschädigung gegeben
wird."
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Ein Zeitungsartikel aus 1901 lautete:
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Wollersheim, 16. Mai. Der
Provinzialausschuß der Rheinprovinz hat in seiner gestrigen Sitzung der
Gemeinde Wollersheim als Beihülfe für die bereits fertiggestellte
Wasserleitung1000 M. bewilligt.
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Wie aus der Pressenotiz vom 5.1.1898 hervorgeht, bezog man das Wasser
aus der Gemarkung Vlatten. Der damalige Eigentümer der Parzelle, Ernst
Freiherr von Gagern ließ am 6.2.1902 seine Erklärung beurkunden, wonach
der Gemeinde Wollersheim das Recht zusteht, Quellwasser zu entnehmen
und nach Wollersheim abzuleiten. Um für alle Häuser des Dorfes einen
guten Wasserdruck zu erreichen, baute man auf dem Pützberg einen
Sammelbehälter mit ca. 148 cbm Inhalt. Das Quellgebiet in Vlatten lag
einen Meter über dem Hochbehälter Pützberg. Dadurch floss das Wasser in
normalem Gefälle zum Pützberg.
Für die
Verlegung der Leitungsrohre stellten die Landwirte die Parzellen
kostenlos zur Verfügung. Sie erwarteten lediglich einen Ersatz für
entstandene Schäden. Die Bauern verbürgten sich sogar für die Bezahlung
der gesamten Wasser- versorgungsanlage.
Der Bau der Wasserleitung stellte damals eine Gemeinschaftsaufgabe für
die gesamte Bevölkerung dar, an der sich niemand auf Kosten der
Allgemeinheit bereichern wollte. Welche Großherzigkeit im Gegensatz zu
dem Verhalten einzelner Mitbürger heute, die bei Bedarf der
öffentlichen Hand Forderungen stellen, die von rücksichtslosem Egoismus
zeugen.
Fließendes
Wasser bis in die Häuser hinein bedeutete für die Menschen einen
Riesenfortschritt. Die meisten Haushalte ließen zwei Zapfstellen
installieren. Einen Wasserhahn brachte man am Ausgussstein in der Küche
an und einen zweiten im Hof oder Stall für die Versorgung des Viehs.
Den Luxus eines Badezimmers oder Wasserklosetts kannte man um 1900 noch
nicht.
Die
ursprünglich angenommene Wassermenge der Vlattener Quellen erwies sich
im Laufe der Zeit nicht als krisenfest .In warmen und regenarmen
Sommern Anfang der 1930er Jahre kam aus Vlatten so wenig Wasser, dass
die Gemeinde zum Sparen aufforderte. 1934 versiegten die Quellen,
Wasser für den Haushalt musste am Dorfbrunnen geholt werden. Aber auch
der lieferte nicht immer genug.
Die Wollersheimer holten deshalb in Kesseln, Kannen und Fässern Wasser
in Embken, Vlatten, insbesondere an der Quelle im "Kanteboa" an der
Gödersheimer Mühle. (Infolge Beweidung der Parzelle ist diese Quelle
heute leider verschwunden und nur noch als Nassgebiet erkennbar.)
Wasser für das Vieh schaffte man vom Bach herbei oder trieb die Tiere
dorthin zur Tränke. Im Februar/März 1935 waren die Niederschläge so
ergiebig, dass der Zufluss aus Vlatten wieder einsetzte und sich das
Sammelbecken auf dem Pützberg füllte.
Um dem
zeitweiligen Wassernotstand abzuhelfen, mussten zusätzliche Quellen
erschlossen werden. In der Gemarkung Im Bruch, einem Quellgebiet des
Neffel- baches, wurde man fündig. Es wurden drei Gruben per Hand
ausgehoben. Die Tiefe war so groß, dass das Erdreich über mehrere
Etagen nach oben befördert werden musste. Heinrich Harscheidt pumpte
das ständig nachsickernde Wasser mit seiner Lokomobile ab. Zeitweilig
waren dafür zwei Pumpen im Einsatz. Das saubere Wasser wurde von der
Brauerei Cramer in großen Metallfässern zum Betrieb gebracht und zum
Brauen und Spülen verwendet.
Am
20.11.1934 beschloss der Gemeindrat die Auftragsvergabe für das
Pumpenhaus in den Bruchbenden. Im Frühjahr konnte mit den Bauarbeiten
begonnen werden.
Bei der schlechten Haushaltslage der Gemeinde - die Einnahmen und
Ausgaben im ordentlichen Haushalt betrugen je 23.200,-- RM, der
außerordentliche Haushalt belief sich auf 41.000,-- RM - war eine
Finanzierung aus eigenen Mitteln nicht möglich. Die Gemeinde nahm daher
bei den Vereinigten Brauereien Nagelschmidt und Cramer AG in
Wollersheim ein Darlehen von 23.000,-- Reichsmark auf. Im Laufe der
Bauarbeiten stellte sich heraus, dass die veranschlagte Summe nicht
ausreichte. Nachdem die Kostenbeteiligung staatlicher Stellen vorlag,
wurde der Kredit bei der Brauerei auf 31.000,-- RM
erhöht.
Von dem neuen Pumpenhaus in den Bruchbenden war eine Transportleitung
zum Hochbehälter auf dem Pützberg zu bauen. Der Graben für die Rohre
wurde in Handarbeit ausgehoben und später wieder verfüllt. Vor der
Inbetriebnahme musste die Leitung vom höchsten Punkt aus mit Wasser
gefüllt werden. Diese Aufgabe übernahmen die örtlichen Landwirte. Sie
transportierten das erforder- liche Wasser mit Fässern zum Pützberg.
Nachdem
die Pumpstation in den Bruchbenden ihre Arbeit aufgenommen hatte, und
auch aus Vlatten weiterhin Wasser zum Hochbehälter floss, war die
Wasser- versorgung für Wollersheim endlich gesichert.
Leider endete dieser Idealzustand schon nach rund 10 Jahren, und zwar
in den Kriegsmonaten 1944/45. Bei den Kämpfen um das Dorf traf eine
Granate die Zuleitung aus Vlatten wenige hundert Meter vor dem
Hochbehälter. Auch das Pumpenhaus mit den maschinellen Einrichtungen
wurde beschädigt, außerdem brach die Stromversorgung zusammen.
Nach Kriegsende, in den Sommermonaten
des Jahres 1945 reparierte der Schmiedemeister Josef Wolf mit einigen
Männern die Wasserleitung. Er brachte auch die Pumpstation wieder in
Ordnung, so dass die Bewohner bald wieder ihre häuslichen
Wassereinrichtungen nutzen konnten.
Ab Anfang der 1950er Jahre stieg der Wasserverbrauch stark an, und es
erhöhten sich die Bewirtschaftungskosten. Das inzwischen über 50 Jahre
alte Leitungsnetz musste saniert werden. Am Pumpenhaus in den
Bruchbenden waren noch nicht alle Kriegsschäden beseitigt. Zahlreiche
Splittereinschläge machten eine Dach- neueindeckung notwendig. Eine
Einschussstelle im Mauerwerk musste geschlossen werden.
Die bisher erhobenen Pauschalgebühren unabhängig vom tatsächlichen
Wasser- verbrauch waren nicht mehr kostendeckend. Der Gemeinderat
befasste sich am 30.3.1954 erstmalig mit der Frage einer gerechteren
Lastenverteilung nach dem tatsächlichen Verbrauch. Nach heftigen
Debatten gelangte man zu der Erkenntnis, dass dies nur über die
Installierung von Wasserzählern zu erreichen war.
Ab Ende 1955 begann der
Schmiedemeister Josef Wolf mit dem Einbau der Messgeräte, so dass ab
1.4.1956 die Gebühren nach dem durch Wassermesser nachgewiesenem
Verbrauch erhoben wurden. Die Zählermiete betrug monatlich 0,50 DM und
die Verbrauchsgebühr 0,20 DM je cbm.
Die Quellen in den Bruchbenden
förderten so viel Wasser, dass ab Anfang der 1950er Jahre auf das
Wasser aus Vlatten weitgehend verzichtet werden konnte. Außerdem
beanstandete der Kreisarzt die dortige Brunnenanlage und forderte eine
Chlorung des Wassers. Trotz dieser Maßnahme verschlechterte sich die
Qualität stetig. Letztlich war die Gemeinde Vlatten auf Hilfe aus
Wollersheim angewiesen. Am 1.6.1954 beschloss der Gemeinderat, Wasser
zum Preis von 0,30 DM je cbm nach Vlatten zu liefern.
Ende 1961 stellte das
Landeskrankenhaus - Zweigstelle Wollersheim - den Antrag, an die
Wassergewinnungsanlage der Gemeinde angeschlossen zu werden. Die bisher
selbst betriebene Wasserversorgung lieferte nur eine schlechte
Qualität. Die Ratsvertreter beschieden den Antrag positiv unter der
Voraussetzung, dass der Gemeinde keine zusätzliche finanzielle
Belastung entsteht. Das sagte der Landschaftsverband zu und übernahm
alle Kosten. Am 13.7.1965 wurde das Landeskrankenhaus an die
Zentralwasserversorgung der Gemeinde angeschlossen. Auch die Familie
Kerp in der Gödersheimer Mühle erhielt einen Hausanschluss.
1965 erschloss die Gemeinde
Wollersheim neue Baugebiete. Dadurch wurden Erweiterung und Erneuerung
der Wasserversorgungsanlagen notwendig. Die Wassergewinnungsanlage, das
Rohrnetz und der Hochbehälter entsprachen nicht mehr den technischen
und hygienischen Erfordernissen. Die Sanierungskosten wurden mit rund
675.000,-- DM veranschlagt.
Zum gleichen Zeitpunkt beanstandete
der Kreisarzt die Wasserqualität der Orte Bürvenich und Langendorf und
forderte eine Stilllegung der Quelle in Berg (Floisdorf). Abhilfe
konnten nur die Wollersheimer Quellen bringen. Die Kosten für die
entsprechenden Baumaßnahmen lagen bei 520.000,-- DM.
Um die finanzielle Belastung für alle
Dörfer in erträglichen Grenzen zu halten und die technischen
Erfordernisse optimal aufeinander abzustimmen, bot sich ein
Zweck- verband an.
Nach langen und schwierigen
Verhandlungen gründeten Wollersheim, Berg- Thuir, Bürvenich und
Langendorf zum 1.7.1967 den "Wasserleitungszweckverband Gödersheim".
Das Wasserwerk Wollersheim gab damit
seine Selbständigkeit auf.
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