Nr. 61 / Oktober 2010

De Sood

von Hans Henn


Das Verhältnis der Dorfnachbarn war früher, genau wie es heute manchmal vorkommen soll, nicht immer ungetrübt. Einen Streitpunkt stellte ehemals häufig das "Soodschrubben" dar.

Vor dem Bau einer Kanalisation führte früher vor den Häusern eine Gosse, ein Rinnstein, in Mundart Sood genannt, vorbei. Diese Gosse nahm die Abwässer und das Regenwasser auf und führte alles in den Dorfbach ab. Manche Familien konnten so zeigen, was es zum Mittagessen gab oder was gegessen worden war. Der Rinnstein wehrte sich auch nicht gegen "Saft" aus Viehställen und Misthaufen – obwohl das natürlich nicht erlaubt war.

Nach ungeschriebenem Gesetz musste samstags die Gosse gekehrt werden. Und damit begann das Problem. Bei jeder Wasserrinne gibt es ein Oben und ein Unten. Das bedeutet, dass immer hinunter geschrubbt werden muss. Eigentlich hätte der mit der Arbeit anfangen müssen, der oben wohnte, und dann der Reihe nach bis zum Letzten. Aber so funktionierte das nicht immer. Manchmal hatte jemand seine Gosse mit viel Wasser geschrubbt, dann kam von oben ein Guss mit Dreck. Die Reaktion ist gut vorstellbar.

Aus dem "Hardenberg" der 1930er Jahre wurde uns ein ähnlicher Vorgang erzählt.

Mangels Gefälle blieb vor einem Haus das Wasser mit dem Dreck stehen, wenn der Nachbar vor seinem Grundstück reinigte. Der Benachteiligte sann auf Rache und versperrte die Gosse an der Grundstückgrenze mit einem dicken Stein. Er hoffte, dass der Nachbar in den Abendstunden den Stein entfernen würde und wollte ihn dann mit einem Jaucheguss beglücken. In der Dämmerung erwischte er jedoch den Falschen, und zwar den Freier, der zur Tochter des Nachbarn wollte.

Frau Luise Harth (+ 30.07.2003) hatte ein damals entstandenes Gedicht wie folgt in Erinnerung:

Braunes Bächlein, schwarze Brühe

Läufst Du spät und in der Frühe.

Nahm den Grog aus Stall und Kammer

Für den Freiersmann mit vielem Jammer.

Zu des Abend später Stunde

Nahm er das Hindernis aus seinem Lauf,

doch von oben strömt es schneller,

trifft das Haupt des armen Wicht

von dem nicht erkannten Lieferanten.

Nachbars Krummbein und die Tante

Sehen mit Vergnügen zu, wie er ausreißt.

Ohne Pause eilt er dann ganz schnell nach Hause,

um die Schmiere abzuwischen

und mit Klarem zu erfrischen.

Denkt noch oft an jenen Tag,

wie es war ein herber Schlag.


 


Der Geschichtsverein bittet um Ihre Unterstützung:

In früherer Zeit wurden offensichtlich viele Dorfereignisse oder lustige Bege­benheiten in Gedichtform festgehalten.

Der Geschichtsverein ist daran sehr interessiert. Bitte überlassen Sie uns Ihre Aufzeichnungen. Sofern die Gedichte nicht in schriftlicher Form vorliegen, können Sie uns diese persönlich oder telefonisch vortragen. Die Niederschrift nehmen wir gerne vor. Danke.

 


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