Et Sekpözje
von Hans Henn
Am Oberbach in Richtung Vlatten mäandriert das
Gewässer unterhalb des Vlattener Berges. Hier
liegt ein Schöpfbrunnen, der im Volksmund
"Sekpözje" genannt wird. Der Name dürfte mit dem
Umstand zusammenhängen, dass das Quellwasser durch
die Trockenmauer sickert.
Das "Sekpözje" verdankt seine Entstehung dem Bau
der "Neuen Kirche" in Wollersheim. Ende des 19.
Jahrhunderts beschloss der Kirchenvorstand den
Neubau einer Kirche und das Gebäude in Backsteinen
ausführen zu lassen. Damals war es üblich,
Ziegelsteine möglichst in der Nähe der Baustelle
in Feldbrandöfen zu brennen. Die Kirche besaß ein
Grundstück westlich des Dorfes zwischen Vlattener
Berg und der Bundesstraße 265, auf dem der
erforderliche Lehm gewonnen werden konnte.
Der Kirchenvorstand verpflichtete einen
Ziegelmeister Bläser aus Lich (damals Kreis
Jülich). Die Backsteinproduktion begann im Jahre
1898.
Für den Kirchenbau waren über eine Million
Ziegelsteine nötig. An zwei Brennöfen arbeiteten
mindestens drei Familien, der Ziegelmeister
Bläser, der Ziegelbäcker Jakob Schiffer und der
Arbeiter Werner Göbbels. Das Team reiste jeweils
im Frühjahr an und bezog sein, vermutlich oberhalb
des Brunnens errichtetes, festes Lager. Im
Spätherbst kehrten die Familien in ihre Heimat
zurück. Ihre Kinder besuchten im Sommer dann auch
die Volksschule in Wollersheim.
Das Brauchwasser für die Ziegelherstellung entnahm
man dem Bach. Sauberes Trink- und Haushaltswasser
für die Ziegelbäcker und ihre Familien konnte nur
eine Quelle liefern, und dafür legte man das
"Sekpözje" an. Schon bald sprudelte das begehrte
Nass.
Der Schöpfbrunnen wurde von winzigen
Wasserrinnsalen gespeist, die auch heute noch
aktiv sind. Die Öffnungen bleiben rein und offen,
solange immer wieder Wasser geschöpft oder ein
Überlauf freigehalten wird. Sollten diese
Voraussetzungen nicht mehr gegeben sein, versiegen
auch die kleinen Bäche, sie vertrocknen. Deshalb
legt der Geschichtsverein großen Wert darauf,
dieses Kleinod zu erhalten. 1958 schrieb das
Wasserwirtschaftsamt die Gemeinden an und bat um
Erhalt und Pflege der noch vorhandenen Brunnen.
Dieser Aufruf scheint in Wollersheim weitgehend
ignoriert worden zu sein. Es geschah nur wenig.
Der Dorfbrunnen am Pützweg gammelte weiter vor
sich hin. Das "Seközje" erhielt eine Holzabdeckung
um einer Verschmutzung vorzubeugen.
Der Geschichtsverein kümmerte sich erstmals 1986
um den Brunnen am Oberbach. Vereinsmitglieder
beseitigten aus dem Brunnen Schlamm und Unrat,
räumten das Umfeld auf, und Lorenz Cremer
erneuerte den maroden Holzdeckel. Die nächste
Säuberungsaktion startete 1999 durch Joachim
Diegeler und Hans Henn. Sie brachten auch einige
Stufen zum besseren Überwinden der steilen
Böschung an. Den Zuschnitt der Stufen besorgte
Willi Blum, und den Transport übernahm Albert
Pütz.
Leider schritt der Verfall des Brunnens immer
mehr fort. Ohne fachmännische Unterstützung
drohten irreparable Schäden.
Im Jahre 2002 wandte sich der Geschichtsverein
mit einem Hilfeersuchen an das LVR-Amt für
Bodendenkmalpflege, Außenstelle Wollersheim.
Jürgen Weiner M.A. besichtigte die Quellfassung
und beschrieb den damaligen Zustand: "Es handelt
sich um eine teilweise verfallene Trockenmauer in
Hufeisenform mit einer Tiefe von 1,5 m bei einer
Breite von 1,35 m und einer Höhe von 0,75 m, die
sich nach Westen öffnet. Der U-förmige Raum
umschließt einen kleinen Tümpel, der mit dem
tieferliegenden Bachbett durch einen den Uferwall
durchschneidenden Stichkanal verbunden ist. Trotz
des maroden Zustandes erlaubt das Merkmalsensemble
unschwer die Ansprache als Quellfassung."
Unter der technischen Leitung von A. S. Mousavian
wurde 2003 die Quellfassung dokumentiert, das
Mauerwerk wieder aufgerichtet, der Tümpel
gesäubert und damit in den ursprünglichen Zustand
versetzt.
In diesem Jahr war mal wieder eine
Generalüberholung des Brunnens fällig. Die
Zuwegung war durch Wildwuchs, abgelagertes
Schnittgut und Brennnessel versperrt. Edmund Fuhs
und Michael Lauscher übernahmen die
Reinigungsarbeiten. Mathias Prinz und Peter Pütz
mähten und mulchten das meterhohe Gras auf dem
letzten Teil der Zuwegung zum Brunnen. Michael
Lauscher gestaltete zur Information für Ortsfremde
vier Hinweistafeln. Leider entwendeten Unbekannte
am Wochenende 21./22.7.2012 drei Richtungsschilder
einschließlich der Haltepfähle. Inzwischen hat der
Geschichtsverein in der Nähe des alten Steinbruchs
bzw. am Beginn des Radweges nach Vlatten eine
Wegeskizze zur Orientierung angebracht.
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