Nr. 63 / Oktober 2012
 

Et Sekpözje


von Hans Henn

Am Oberbach in Richtung Vlatten mäandriert das Gewässer unterhalb des Vlattener Berges. Hier liegt ein Schöpfbrunnen, der im Volksmund "Sekpözje" genannt wird. Der Name dürfte mit dem Umstand zusammenhängen, dass das Quellwasser durch die Trockenmauer sickert.
Das "Sekpözje" verdankt seine Entstehung dem Bau der "Neuen Kirche" in Wollersheim. Ende des 19. Jahrhunderts beschloss der Kirchenvorstand den Neubau einer Kirche und das Gebäude in Backsteinen ausführen zu lassen. Damals war es üblich, Ziegelsteine möglichst in der Nähe der Baustelle in Feldbrandöfen zu brennen. Die Kirche besaß ein Grundstück westlich des Dorfes zwischen Vlattener Berg und der Bundesstraße 265, auf dem der erforderliche Lehm gewonnen werden konnte.

Der Kirchenvorstand verpflichtete einen Ziegelmeister Bläser aus Lich (damals Kreis Jülich). Die Backsteinproduktion begann im Jahre 1898.
Für den Kirchenbau waren über eine Million Ziegelsteine nötig. An zwei Brennöfen arbeiteten mindestens drei Familien, der Ziegelmeister Bläser, der Ziegelbäcker Jakob Schiffer und der Arbeiter Werner Göbbels. Das Team reiste jeweils im Frühjahr an und bezog sein, vermutlich oberhalb des Brunnens errichtetes, festes Lager. Im Spätherbst kehrten die Familien in ihre Heimat zurück. Ihre Kinder besuchten im Sommer dann auch die Volksschule in Wollersheim.
Das Brauchwasser für die Ziegelherstellung entnahm man dem Bach. Sauberes Trink- und Haushaltswasser für die Ziegelbäcker und ihre Familien konnte nur eine Quelle liefern, und dafür legte man das "Sekpözje" an. Schon bald sprudelte das begehrte Nass.

Der Schöpfbrunnen wurde von winzigen Wasserrinnsalen gespeist, die auch heute noch aktiv sind. Die Öffnungen bleiben rein und offen, solange immer wieder Wasser geschöpft oder ein Überlauf freigehalten wird. Sollten diese Voraussetzungen nicht mehr gegeben sein, versiegen auch die kleinen Bäche, sie vertrocknen. Deshalb legt der Geschichtsverein großen Wert darauf, dieses Kleinod zu erhalten. 1958 schrieb das Wasserwirtschaftsamt die Gemeinden an und bat um Erhalt und Pflege der noch vorhandenen Brunnen. Dieser Aufruf scheint in Wollersheim weitgehend ignoriert worden zu sein. Es geschah nur wenig. Der Dorfbrunnen am Pützweg gammelte weiter vor sich hin. Das "Seközje" erhielt eine Holzabdeckung um einer Verschmutzung vorzubeugen.

Der Geschichtsverein kümmerte sich erstmals 1986 um den Brunnen am Oberbach. Vereinsmitglieder beseitigten aus dem Brunnen Schlamm und Unrat, räumten das Umfeld auf, und Lorenz Cremer erneuerte den maroden Holzdeckel. Die nächste Säuberungsaktion startete 1999 durch Joachim Diegeler und Hans Henn. Sie brachten auch einige Stufen zum besseren Überwinden der steilen Böschung an. Den Zuschnitt der Stufen besorgte Willi Blum, und den Transport übernahm Albert Pütz.

Leider schritt der Verfall des Brunnens immer mehr fort. Ohne fachmännische Unterstützung drohten irreparable Schäden.

Im Jahre 2002 wandte sich der Geschichtsverein mit einem Hilfeersuchen an das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege, Außenstelle Wollersheim. Jürgen Weiner M.A. besichtigte die Quellfassung und beschrieb den damaligen Zustand: "Es handelt sich um eine teilweise verfallene Trockenmauer in Hufeisenform mit einer Tiefe von 1,5 m bei einer Breite von 1,35 m und einer Höhe von 0,75 m, die sich nach Westen öffnet. Der U-förmige Raum umschließt einen kleinen Tümpel, der mit dem tieferliegenden Bachbett durch einen den Uferwall durchschneidenden Stichkanal verbunden ist. Trotz des maroden Zustandes erlaubt das Merkmalsensemble unschwer die Ansprache als Quellfassung."
Unter der technischen Leitung von A. S. Mousavian wurde 2003 die Quellfassung dokumentiert, das Mauerwerk wieder aufgerichtet, der Tümpel gesäubert und damit in den ursprünglichen Zustand versetzt.

In diesem Jahr war mal wieder eine Generalüberholung des Brunnens fällig. Die Zuwegung war durch Wildwuchs, abgelagertes Schnittgut und Brennnessel versperrt. Edmund Fuhs und Michael Lauscher übernahmen die Reinigungsarbeiten. Mathias Prinz und Peter Pütz mähten und mulchten das meterhohe Gras auf dem letzten Teil der Zuwegung zum Brunnen. Michael Lauscher gestaltete zur Information für Ortsfremde vier Hinweistafeln. Leider entwendeten Unbekannte am Wochenende 21./22.7.2012 drei Richtungsschilder einschließlich der Haltepfähle. Inzwischen hat der Geschichtsverein in der Nähe des alten Steinbruchs bzw. am Beginn des Radweges nach Vlatten eine Wegeskizze zur Orientierung angebracht.










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