Nr. 62 / Mai 2012

Fronleichnamsprozession Anno 1648

von Hans Henn


Das Fronleichnamsfest hat seinen Ursprung im 13. Jahrhundert. Am 1. August 1264 erhob es Papst Urban IV zu einem allgemeinen kirchlichen Fest. 1275 ging im Stift St. Gereon zu Köln die erste Fronleichnamsprozession. Danach breitete sich dieser Brauch im Rheinland immer mehr aus. Über die Anfänge in Wollersheim ist nichts bekannt. Der älteste Beleg für eine Prozession datiert aus dem Jahre 1648.

Zum Pfarrbezirk Wollersheim gehörten damals die Hälfte von Eppenich, die Hälfte von Abenden, das Dorf Pissenheim (heute Muldenau) sowie die Filialgemeinde Embken.

Die Embkener Kirche scheint in der Mitte des 16. Jahrhunderts erbaut worden zu sein. Da sie zum Wollersheimer Kirchspiel gehörte, stand ihr nur der Titel Kapelle zu. Sie wurde von Wollersheim aus durch einen Kaplan bedient. An Sonn- und Feiertagen mussten die Embkener nach Wollersheim ins Hochamt kommen, weil in der Kapelle nur eine Frühmesse gelesen wurde.

Die heute noch inmitten des Wollersheimer Friedhofs gelegene Alte Kirche war 1648 wesentlich größer, sie bestand damals aus drei Schiffen. Die beiden Seitenteile wurden später abgetragen. Das in Richtung Bach gelegene Seitenschiff stand alleine den Embkenern zur Nutzung zur Verfügung. Auch der nördliche Teil des Kirchhofs war für die Verstorbenen aus Embken reserviert. Auf dem sogenannten Lichweg brachten sie ihre Toten nach Wollersheim. Neben dem vorgeschriebenen Besuch des Hochamtes in Wollersheim und anderer kirchlicher Pflichten mussten die Emkener auch an der Fronleichnamsprozession teilnehmen.

Der damalige Vikar von Embken, Wilhelm Polius, war ein schwächlicher Herr, der Pastor von Wollersheim (Reiner Hambloch?) jedoch robust und stark. Trotzdem ließ der Pastor den kränklichen Vikar währen der gesamten Fronleichnams-prozession das Sanktissimum tragen, ohne ihn abzulösen. Die Embkener Teilnehmer an der Gottestracht waren darüber sehr verärgert. Als der Vikar infolge der großen Anstrengung auch noch Blut spuckte, reagierte der Vogt von Embken äußerst verbittert. Der Vogt zog sofort sein weißes Taschentuch hervor, faltete es auseinander und legte es auf den Weg. Dann wandte er sich an den Vikar und sagte: „Hier Herr Vikar, setzen sie das Allerheiligste hin, wenn der Herr Pastor dasselbe nicht nehmen will, dann lässt er es bleiben, wir ziehen ab.“

Der Vikar setzte das Sanktissimum auf das Taschentuch, worauf alle Einwohner Embkens die Prozession verließen und nach Hause gingen.

Der Vogt erwirkte beim Kurfürsten noch im gleichen Jahre die Erhebung Embkens zu einer selbständigen Pfarre. Vikar Wilhelm Polius wurde der erste Pastor in Embken.

 


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