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Nr. 60 / Juni 2010
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Plumpsklosett
M. Wynants
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Die
gewissen Häuschen mit einem zumeist herzförmigen Ausschnitt in der Tür
als Guckloch nach draußen, standen auf jeder Jauchegrube. Für ein
größeres Geschäft musste man auch nachts das "stille Örtchen"
aufsuchen. Der "Völkische Beobachter", eine nationalsozialistische
Zeitung, fand hier seine letzte und auch vielleicht beste Verwendung.
Für die Nachgeborenen ist dies heute nicht mehr vorstellbar.
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Zeitzeuge Christian Mersch
erinnert sich 1991:
Neben dem heutigen Haus Lennartz im
Hardenberg wohnte in den 1920er Jahren die Familie Taube. Wie damals
üblich hatten sie einen Plumpsklo, über dem sich der Heustall befand.
Zwei junge Burschen aus der Nachbarschaft befestigten unter dem Kloloch
ein Brett, das sie mittels einer Kordel vom Heustall aus anheben
konnten. Als nun der alte Taube das Häuschen aufsuchte und sein Geschäft erledigt hatte, zogen sie das
Brett kurz an und klatschten ihm das, was er von sich gegeben hatte,
ans Hinterteil.
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Ein anderer Informant, dessen Name leider nicht notiert wurde, erzählt:
Die erste Toilette mit Wasserspülung
dürfte in Wollersheim die Familie Egidius und Agnes Küpper (Spitzname
Mickemanns) gehabt haben - unter dem Klo gurgelte der Bach. Das
Plumpsklo war etwa 1915-1920 über dem Bach errichtet worden, es
plumpste hier also wirklich. Drei Lausbuben (Kaspar Meihs, Fritz
Franken, Josef Franken) sägten die Holzpfosten an. Als Agnes Küpper das
Häuschen
aufsuchte, stürzte es um und Frau samt Haus lagen im Wasser. Herr
Mickemann rief seiner Frau zu: Hulda bliev lieje, et Jereech kütt bal.
(Hulda, bleib liegen, das Gericht (Polizei) kommt bald).
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Zeitzeuge Albert Schmitz
erzählt am 21.03.2010 von einem Geschehnis in einem
landwirtschaftlichen Anwesen in Wollersheim:
Ca. im Jahre 1956/57 sollte der Mist aufs
Feld gebracht werden. Das dortige Plumpsklo stand unmittelbar neben der
Miststätte. Ein hydraulischer Mistlader belud einen Wagen nach dem
anderen, Miststreuer waren damals noch nicht vorhanden. Die
Räumlichkeiten waren im Vergleich zu den Maschinen recht beengt, und so
geschah es, dass mit einer gut bepackten Greifzange das weißgetünchte
und sehr romantische Fachwerkhäuschen (Plumpsklo) einen
unbeabsichtigten , ordentlichen Stoß bekam. Das Kleingebäude, das die
Frau des Hauses unbemerkt aufgesucht hatte, überlebte unbeschadet, und
die alte Dame verließ mindestens leicht erschrocken, aber unverletzt
den Tatort, so schnell ihre
Füße sie trugen.
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Chlodwigpfad
1
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Bachstraße 4, ein
mehr als 100 Jahre
altes "Schätzchen"
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Schamhaft und versteckt stehen sie hinter dem Haus oder im Hof; gerade
so, wie die - leider anrüchige - Zweckbestimmung immer schon angesehen
und behandelt wurde. Meist sind sie jedoch verfallen, wegplaniert, dem
Modernisierungsboom
zum Opfer gefallen: die "stillen Örtchen".
Forscht man nach diesen Überbleibseln ländlicher Kultur, muss man sich
in die "Hinterlassenschaften" der Dörfer mit Orientierungsmerkmalen
ehemaliger Mistplätze, Ställe und Jauchegruben begeben, um fündig zu
werden.
Ärmlich, kümmerlich und schief stehen sie da, mit nicht ganz
wetterfestem Dach, Häuschen aus Backsteinen, Bims oder Bruchstein,
alterschwach und zerbröckelt, - aber auch hier und da liebevoll
gepflegt und erhalten.
Ärmlich, kümmerlich und schief stehen sie da, mit nicht ganz
wetterfestem Dach, Häuschen aus Backsteinen, Bims oder Bruchstein,
alterschwach und zerbröckelt, - aber auch hier und da liebevoll
gepflegt und erhalten.
Das Plumpsklo mit "Luftspülung" war vom Haupthaus getrennt: ein kleines
niedriges Nebenhäuschen mit dem spartanischen Innendesign:
Holz-Sitzbank mit großem Loch, darin ein schräges Brett, damit es nicht
so hochplatschte, wenn die unheimlich große Jauchegrube darunter voll
war. Das Loch wurde mit einem Bretterdeckel abgedeckt.
Als Kind, so erinnert man sich plötzlich, war jeder Klogang eine
Überwindungs- sache. Panische Angst vorm Hineinfallen ließ einen
krampfhaft an dem eisernen Innentürhaken festhalten. Und wie wurde
dieses zerschnittene, viel zu glatte
Zeitungspapier gehasst ! Es war eben nichts mit saugfähig, dreilagig
"wisch und weg".
Die Lokalitäten mit dem ausgeschnittenen Herz waren keine
Verschlusssache . Der Nachbar - war sein eigenes Häuschen besetzt -
ging einfach nebenan; Briefträger oder Zeitungsmann ließen sich dort
nieder, wo es am bequemsten war. Oft stand der "Hausherr" mit der Hose
in der Hand und verkniffenen Beinen und wartete, bis die "Fremdsitzung"
beendet war, und musste sich noch vorwerfen lassen, dass
Zeitungspapier fehle ...
"Wie lange ist das her?" denkt man weiter. Knapp ein halbes Jahrhundert
im Dorf der Großeltern. Erinnerungen laufen ab wie im Film: Das
Häuschen am Misthaufen, davor der riesige Kastanienbaum, die von Hand
betätigte Jauchepumpe. Dort
wo die Mistlake als Überlauf durch die Pflasterfugen sickerte, wo beim
"Stillen Geschäft" das Scheppern der Melkeimer, das Schnauben der
unruhigen Kühe zu hören war, steht heute die Garage fürs Auto. Der
Misthaufen, wertvoller Schatz des Hofes, musste weichen. Vorbei sind
die Zeiten, wo die Grube leergepumpt und menschliche und tierische
Exkremente schön vermischt aufs Feld gefahren wurden.
(Auszugsweise aus Neues Rheinland 1/94)
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