Weihnachten
Weihnachten hat sich im Laufe der Zeit stark verändert: Vom heidnischen Fest der Wintersonnenwende über das religiöse Weihnachtsfest zur Geburt Christi bis hin zur heutigen Form des Familienfestes mit Kommerzialisierung liegen Jahrhunderte, ja sogar Jahrtausende.
Weihnachten feiert die christliche Kirche die Geburt Jesu. Um zu betonen, dass er das „Licht der Welt“ ist, legte man Jesu Geburtsfest in die dunkle Jahreszeit, den 25. Dezember, ganz in die Nähe des heidnischen Festes der Wintersonnenwende (21. Dezember).
Im Mittelalter wurde Weihnachten als ein wichtiges Kirchen- und Gemeinschaftsfest gefeiert, nicht als privates Familienfest wie heute. Höhepunkt war der Besuch der feierlichen Christmette und von Krippenspielen in Kirchen und auf öffentlichen Plätzen. Weiterhin feierte man die Raunächte vom 25. Dezember bis zum 6. Januar. An Stelle des heutigen Tannenbaums und dem Weihnachtsmann, gab es Bräuche wie das Schmücken mit immergrünen Zweigen und das Schenken von Almosen. Die Krippenspiele waren drastische Inszenierungen der Weihnachtsgeschichte. Die ersten Christbäume wurden im 15. Jahrhundert aufgestellt. Martin Luther und andere Reformatoren erklärten ihn damals zum Weihnachtssymbol der Protestanten. Viel später, so um 1800, kommt der Weihnachtsbaum in die Wohnstuben. Oft wurde er, aus Platzmangel, verkehrt herum an der Decke aufgehangen. Kerzen gab es noch nicht, denn Wachs war teuer.
Der Weihnachtsmann wurde in dem Lied „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ von A.H.H. von Fallersleben 1835 das erste Mal erwähnt. Allgemeine Bekanntheit bekam er erst in den 30er Jahren durch die Coca Cola Werbung. Es war üblich Almosen an die Bedürftigen zu verschenken. Nur in Adelsfamilien und an Adelshöfen wurden Luxusgüter verschenkt.
Die zwölf Raunächte, vom 25. Dezember bis 6. Januar, waren eine heilige Zeit, in der man nicht arbeiten sollte. Es war eine Zeit des ausgelassenen Feierns, oft mit Umkehrung sozialer Rollen. Herren wurden zu Dienern und Bedienstete zu Herren.
Im frühen 17. Jahrhundert veränderte eine Welle religiöser Reformen die Art und Weise, wie Weihnachten in Europa gefeiert wurde. Als Oliver Cromwell und seine patriotischen Streitkräfte 1645 England übernahmen, gelobten sie England von der Dekadenz zu befreien und sagten, im Rahmen ihrer Bemühungen, Weihnachten ab. Im 18. Jahrhundert reichten Weihnachtsbräuche von einer frommen Zeremonie bis zu ausgelassenen Feiern. Doch es war kein Fest, das sich vor allem an Kinder richtete oder kommerziell ausgerichtet war. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts begannen Weihnachtsfeiern im ganzen Land zu florieren. Wohlhabende Familien feierten mit üppigen Festmahlen. Menschen mit bescheideneren Mitteln sparten ein paar Kupfermünzen für ein Weihnachtsessen. Es gab kleine Geschenke von Obst und Nüssen.
Weihnachten änderte sich im viktorianischen Zeitalter (1837–1901) drastisch. Neben den Traditionen wurde es auch zu einem Fest, bei dem man Zeit mit Familie und Angehörigen verbrachte. Die Zubereitung und der Genuss des Festmahls, das Dekorieren und Beschenken wurden feste Bestandteile des Weihnachtsfestes. Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts war das Weihnachtsfest eines unter vielen anderen kirchlichen Festen. 1870 wurde der 25. Dezember zum deutschlandweiten Feiertag erklärt. Während der Industrialisierung und Urbanisierung kam es zu einer zunehmenden Trennung des Alltags in öffentliches und privates Leben.
Erst das Bürgertum machte Weihnachten zu dem besinnlichen Familienfest, welches es heute noch in breiten Gesellschaftskreisen ist. Das ideale bürgerliche Familienleben bestand aus dem gefühlsbetonten Miteinander und einem ausgeprägtem Interesse an Musik und Dichtkunst. Am heiligen Abend, dem 24. Dezember, versammelte sich die Familie zu Hause um einen geschmückten Weihnachtsbaum. Zu den Pflichten der Kinder gehörte es, Gedichte aufzusagen oder zur Hausmusik beizutragen. Stets verknüpft mit den Erziehungsprinzipien der Zeit gehörte zu Heilig Abend auch die Erfüllung von Wünschen der kleinen Kinder. Ihre Bescherung stellte dabei den Höhepunkt der weihnachtlichen Rituale dar. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts interessierten sich bereits breite gesellschaftliche Kreise für Christbaumschmuck. Diese neuartigen Wünsche ließen einen neuen Industriezweig entstehen. Eine Kommerzialisierung des Festes hatte begonnen.
Eine der schönsten Weihnachtsgeschichten ereignete sich Weihnachten 1914 (erster Weltkrieg). Tausende deutsche und britische Soldaten an der Front, in Frankreich und Belgien, stellten das Kämpfen ein. „Weihnachtsfrieden“ war eine nicht autorisierte Waffenruhe. Soldaten, die eben noch aufeinander geschossen hatten, sangen gemeinsam und tauschten kleine Geschenke und manche sogar ihre Adressen aus.
Prunkvolle Weihnachtsbäume, das Versenden von Weihnachtskarten, ausgiebiges Schenken, üppiges Festessen waren Mitte der 1920er Jahre bereits fest etabliert. Zu den beliebtesten Geschenken zählten Radios, Modelleisenbahnen und Kodak Kameras.
1933 versuchten die Nationalsozialisten christliche Rituale durch neue, oftmals an vermeintlich germanisches Brauchtum anknüpfende Riten zu ersetzen. Das Weihnachtsfest wurde langsam umgedacht und umgeprägt. Nicht von heute auf morgen, sondern nach und nach. Alles, was christlich war, wurde umgebildet. Man sprach nicht mehr vom Christfest und Christkind, sondern von deutschen Weihnachten und vom Weihnachtsmann. 1936 wurde erstmals das Lied „Hohe Nacht der klaren Sterne“ veröffentlicht, welches zum populärsten nationalsozialistischen Weihnachtslied avancierte. Es gab Gedichte und Lieder, die umgeschrieben wurden, damit sie den Nationalsozialisten gerecht wurden. Die biblische Geschichte wurde getilgt, das Lied „Tochter Zion freue dich“ gänzlich verboten. Die NSDAP erarbeitete ein Konzept, wie Weihnachtsfeierlichkeiten künftig abzuhalten wären. Propaganda wurde durch Weihnachtssendungen im Radio betrieben. Legendär, und immer wieder gespielt, wurde die Weihnachtsringsendung von 1942. Dort wurde dazu aufgerufen das schöne, alte, deutsche Weihnachtslied „Stille Nacht, heilige Nacht“ mitzusingen. „Stille Nacht, heilige Nacht“ wohlgemerkt im Original mit holdem Knaben mit lockigem Haar. An diesen Details sah man, dass es für die NSDAP doch nicht möglich war, konsequent mit der christlichen Tradition aufzuräumen.
Die Friedensweihnacht 1945 war geprägt von Kälte, Hunger, Trauer und Sehnsucht nach den Liebsten. Es war ein Weihnachten ohne die geliebten Söhne, Brüder, Väter und Ehemänner. Viele Frauen waren Witwen geworden, viele Kinder Waisen. Andere hofften auf ein Lebenszeichen eines Vermissten, einen Brief aus der Gefangenschaft. Dieses Weihnachten war im Schein weniger Kerzen in den meisten Häusern sehr still. Das erste Weihnachten seit langem, an dem die Fenster nicht verdunkelt waren, und es keinen Fliegeralarm gab. Es kehrte Ruhe ein, doch von Glückseligkeit war man weit entfernt.
1950 waren die harten ersten Nachkriegsjahre vorbei. Mit Deutschland ging es langsam wieder wirtschaftlich bergauf. Die Geschenkeberge unter dem Weihnachtsbaum und das Festmahl werden zusehends opulenter. Die Wünsche waren aber noch bescheiden. Spielzeug stand aber auf jedem Wunschzettel. Die Erwachsenen gönnten sich festtäglichen Getränkeluxus oder den ein oder anderen Haushaltsgegenstand. Kleidung stand ebenfalls hoch im Kurs. Durch die noch herrschende Materialknappheit entwickelte sich die Devise „aus Alt mach Neu“. Vorhandene Stoffe wurden zu Kleidung umgearbeitet und mit handwerklichem Geschick genäht. Aus Holz und Farbe wurde Spielzeug hergestellt.
Im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts wurde die religiöse Bedeutung des Weihnachtsfestes für viele Familien bedeutungslos. Die Feiertage wurden zur Urlaubsverlängerung, und das Fest der Gaben entwickelte sich zum Konsumrausch. Heiligabend warteten die Kinder vor dem Fernseher aufs Christkind. Der Weihnachtsbaum war oft künstlich mit immer modischerem Dekor. Weihnachtsmusik kam aus der Konserve. Zur Tradition zählte man eher bestimmte Gerichte wie z. B. Kartoffelsalat mit Würstchen. Da blieb dann mehr Zeit für die Geschenke. Der erste Weihnachtstag war dann für Verwandschaftsbesuch, um auch da Geschenke auszutauschen und das große Festessen zu genießen. Mit steigendem Wohlstand fielen auch die Geschenke, für Klein und Groß, immer üppiger aus. Immer kürzer werdende Modewechsel, auch in Bezug auf Wohungseinrichtungen, Spiel-Trends und die Unterhaltungselektronik sorgten für immer größer werdende Umsätze.
m 21. Jahrhundert nimmt Weihnachten neue Formen an. Die im Haushalt lebenden Personen werden weniger. Man feiert Weihnachten im engsten Kreis, häufig nur zu zweit, viele sind auch ganz alleine. Die Weihnachtsgrüße kommen per E-Mail oder WhatsApp. Geschenke sind zur Selbstverständlichkeit, ja sogar zu einem Muss geworden. Die Werbung sagt uns jedes Jahr aufs Neue, was unbedingt unter dem Weihnachtsbaum liegen muss. Der Wert der Geschenke wird in Euro gemessen, nicht an der Freude des Gebens. Oft wird der Heiligabend, nach dem Essen und Auspacken der Geschenke, vor dem Fernseher oder dem Computer beendet. An den beiden Weihnachtstagen besucht man, nach genauer Terminabsprache, die anderen Familienmitglieder oder Freunde. Auch dort dreht sich fast alles um Geschenke. Die häufigste Frage an diesen Tagen ist wohl: „Was hat dir das Christkind gebracht?“. Weihnachten ist zum Fest der Geschenke geworden. Die kostbaren Dinge wie Menschlichkeit, Mitgefühl, Herzlichkeit, Zeit, Güte und ein gutes Wort bleiben dabei auf der Strecke und doch ist Weihnachten kostenlos.
Wir wünschen jedem von Euch eine frohe und friedliches Weihnacht und ein gesundes, glückliches und sorgenfreies 2026.