Die Orgel der
Alten Kirche erhielt 1903 in der fertiggestellten
Neuen Kirche einen neuen Standplatz. Über Größe und Klangfülle
dieses Instruments ist uns leider kaum etwas überliefert. Nach
Aussage von Christian Mersch handelte es sich um eine Schleifladenorgel
mit zwei Manualen. Die Orgel soll einen sehr weichen
Klang gehabt haben. Dies könnte allerdings auf Veränderungen
beim Einbau in die Neue Kirche beruhen. Damals sollen auf
Wunsch des Pastors die lauten Pfeifen, wie z.B. Trompeten und
Posaunen, entfernt worden sein. Darauf könnte ein Satz von
Pfarrer Schulte im Lagerbuch der Pfarre vom 9.5.1907 hinweisen,
es heißt hier: "Auch die Orgel ist theilweise verbessert und
ergänzt in der Neuen Kirche wieder aufgestellt worden, allerdings
sehr unpassend gegen den Willen des Pfarrers“.
Pfarrer Schulte plädierte für eine neue Orgel. Nach seinen
schriftlichen Aufzeichnungen wollten zwei tüchtige Orgelbauer
ein neues Instrument für 3.000 Mark liefern. Angeblich musste
dieser Betrag auch für Umzug und Umbau des alten Instruments
gezahlt werden. Pfarrer Schulte konnte sich nicht durchsetzen,
und so beschloss der Kirchenvorstand am 19. November 1902 "vier
Orgelbauer
zu einer Offerte für Umbau und Neuaufstellung der alten
Orgel in die neue Kirche einzuladen, Müller in Reifferscheidt,
Breuer in Bürvenich, Prinz in Manheim und einer von Cuchenheim".
Am 10.Februar1903 übertrug man dem Josef Breuer aus Bürvenich den Umbau
der
Orgel. Offensichtlich hatte man damit keine gute
Wahl getroffen. Dazu bemerkte Pfarrer Schulte, dass der Orgelbauer
"gerade kein hervorragender Meister war". Selbst 1905
funktionierte das Instrument immer noch nicht einwandfrei, denn
der Kirchenvorstand schrieb im Februar dem Orgelbauer Breuer,
wenn er zur Reparatur bestellt würde und 14 Tage ausbliebe, die
Reparatur auf seine Kosten von einem anderen Orgelbauer ausgeführt
würde.
Im Ersten Weltkrieg erfuhr die Orgel dann wohl weitere
Veränderungen.
Wegen der Rohstoffknappheit mussten die Kirchen damals
Glocken, Messinggegenstände und auch Orgelpfeifen abliefern.
Dagegen hat sich Pfarrer Schulte lange zur Wehr gesetzt.
Letztlich musste er sich den behördlichen Anordnungen beugen.
Am 29. Mai 1917 erhielt er einen Brief des Bürgermeisters mit folgendem
Wortlaut: "Zufolge Verfügung des Herrn Landrats in Düren
vom 23. Mai 1917 ist der erteilte Ausstand für den Ausbau der
Prospektpfeifen
mit Rücksicht auf die Dringlichkeit entsprechend gekürzt
worden. Die bis jetzt gestellte Frist zum Ausbau der Pfeifen
ist daher bis auf den 25. Juni 1917 zu verkürzen. Es wird daher
nochmals dringend ersucht, die Herausnahme und Sammlung des
Zinnes aus Prospektpfeifen mit allen Mitteln ohne Rücksichten auf
kommende Fest- und Erinnerungstage zu beschleunigen".
Die Zahl der Register und Pfeifen der alten Orgel kennen wir nicht.
Wir wissen lediglich, dass Holzstäbe als Verbindung zu den Luftklappen
dienten und der Blasebalg noch manuell arbeitete. Dafür
musste ständig ein mit dem Blasebalg in Verbindung stehender
Balken in kurzen Abständen getreten werden. Oberhalb der Seitenführung
dieses Balkens befand sich in Kopfhöhe ein Griff, an
dem man sich festhalten konnte. Dadurch verlor man nicht das
Gleichgewicht. Der Blasebalg musste stetig bewegt werden, weil
sonst der nötige Wind für die Pfeifen fehlte und die Töne nicht
mehr sauber erklangen oder ganz ausblieben.
In den Kriegsmonaten, Anfang 1945, schlugen mehrere
Granaten
in den Kirchturm ein. Sie zerstörten auch die alte Orgel. Nach
Kriegsende wurde das funktionslos gewordene Instrument ausgebaut
und durch ein Saugluftharmonium ersetzt. Aber dieses Harmonium
genügte auf Dauer nicht, in der großen Kirche den Gemeindegesang
zu unterstützen. In der Bevölkerung wuchs der Wunsch, wieder eine
richtige Orgel zu besitzen.
Zunächst besprach sich Pfarrer Helmich mit seinem Mitbruder Leo
Wachten aus Juntersdorf. Der fertigte eine Disposition zur neuen
Orgel an. Dann nahm Pfarrer Helmich Kontakt mit mehreren Orgelbauern
auf. Es zeigte sich, dass das neue Instrument ca.
23.000,— DM kosten würde. Dieser Betrag mag heute gering erscheinen.
Für damalige Verhältnisse und einen so kleinen Ort war
es eine gewaltige Summe. Ein Zuschuss des Erzbistums war nicht
zu erwarten. Die Kirchengemeinde musste das Geld alleine aufbringen.
Pfarrer Helmich stellte einen Finanzierungsplan auf.
Danach sollte
die Orgel durch eine monatliche Haussammlung bezahlt werden.
Die Spender verpflichteten sich, "jeden Monat denselben Betrag
zu geben", um eine sichere Kalkulation zu ermöglichen. Am
1. Juni 1952 begannen Pfarrer Helmich und mehrere Herren des
Kirchenchores
mit den Haussammlungen. Die einzelnen Familien
spendeten Beträge zwischen 0,50 DM und 20 DM, das ergaben
monatlich 580 DM bis 600 DM. Diese Sammlungen wurden bis
Juli 1955 durchgeführt. Dann endlich war die Orgel bezahlt.
Im ersten Halbjahr 1953 erhielt die Pfarrgemeinde von vier
Orgelbaufirmen
Kostenvoranschläge:
Karl Kamp, Aachen
Romanus Seifert & Sohn, Kevelaer
Theo Strunk, Bonn-Ramersdorf
Josef Weimbs, Hellenthal
|
(Höhe unbekannt)
22.700 DM
23.800 DM
22.800 DM
|
Am 18. Juni 1953 beschloss der Kirchenvorstand, bei der
Firma
Theo Strunk eine Barock-Orgel zu bestellen. Mit dieser Entscheidung
war der Orgelsachverständige des Erzbistums Köln, Prof.
Zimmermann, nicht einverstanden. Aufgrund seiner Argumente
und nach Abstimmung mit dem Generalvikariat widerrief der
Kirchenvorstand
seinen Beschluss und übertrug am 14. September 1953 der
Firma Romanus Seifert & Sohn den Bau des Orgelwerkes. Im
Liefervertrag
wurden die Zahlungsbedingungen vereinbart. Danach
zahlte die Kirchengemeinde bei Auftragserteilung 11.000 DM, bei
Abnahme des Werkes 4.800 DM, ab 1. Juli 1954 den Rest von 6.900
DM in Monatsraten von 600 DM zinslos. Wie schwer der Pfarrgemeinde
die Finanzierung fiel, mag man aus folgendem Vorgang ersehen. Die
Transportkosten der Orgel sollten pro Kilometer o,60
DM für einen Lastwagen mit Anhänger betragen. Das waren 130
bis 140 DM für die Strecke Kevelaer bis Wollersheim. Zur Einsparung
dieser Kosten bemühte sich Pfarrer Helmich um einen Lastwagen
aus Wollersheim. Er fand Gehör in der Rentmühle, die ihr
Fahrzeug kostenlos zur Verfügung stellte.
Am 28 Mai 1954 begann Herr Seifert mit seinen
Mitarbeitern, ein
dem Kirchenraum gemäßes Orgelwerk aufzubauen. Die Monteure
aßen und schliefen bei Gastfamilien im Dorf. Am 13.6.1954 fand
dann morgens vor dem Hochamt um 10 Uhr die Weihe statt. Die
Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt. Vom Hochaltar zogen
Pfarrer Helmich und die Priester der benachbarten Gemeinden bis
unter die Empore. Dechant Dr. Damian Dederichs aus Zülpich
sprach die Gebete und segnete die Orgel mit Weihwasser. Dann
erklang die Orgel und nach einem Vorspiel vereinigte sie sich mit
der Gemeinde zum Lobgesang "Lobe den Herren". Am Spieltisch
saß Domorganist Prof. Josef Zimmermann. Köln. Im feierlichen
Levitenamt sang der Kirchenchor der Pfarre unter Leitung von Wilhelm
Henn die "Missa Ss. Nomini Jesu" von Mitterer. Nachmittags
um 16 Uhr gestalteten 'Domorganist Zimmermann und der Kirchenchor
eine kirchenmusikalische Weihestunde.
Unsere Orgel ist mit einer großen Klangpalette
ausgestattet. Sie
hat 17 Register und 1110 Pfeifen. Die Pfeifen stehen auf Windladen,
und zwar in voneinander getrennten Reihen entsprechend
den Registern. Jedem Register sind Pfeifen von gleicher Bauart,
Mensur und Klangfarbe zugeordnet. Zu der Klaviatur, bei uns sind
es zwei für die Hände (Manuale) und eine für die Füße (Pedal),
gehören mehrere Register. Mit jeder Taste sind also mehrere Pfeifen
verbunden. Die Konstruktion des Gehäuses besteht in Rahmen
und Füllungen aus Eichenholz. Dadurch ist ein guter Resonanzboden
gegeben.
Auf der rechten Seite der Empore ist das Hauptwerk
angebracht,
links befindet sich das Pedalwerk und in der Mitte der Brüstung
das Rückpositiv.
|