Im
Jahre 1241 wird erstmals für „Wollressem" eine
Kirche urkundlich bestätigt. Das Schriftstück des Erzbischofs von Köln,
Conrad von Hochstaden, enthält keinen Hinweis auf Glocken. Dieser
findet sich
erst 1733, denn am 20. Januar bekam der Kapuziner-Guardian (Vorsteher
des
Konvents) vom Kölner Weihbischof die Vollmacht, für die Pfarrkirche in
Wollersheim eine Glocke zu weihen Eine weitere Glocke wurde 1786
angeschafft. Diesmal
beauftragten die Kölner Weihbischöfe den Zisterzienser-Prior Edmundus
Palm
von Mariawald mit der Weihe.
Am 15.
Januar 1819 schlug ein Blitz in den Kirchturm ein und zerstörte die
Glocken. In dem Bericht über die Einäscherung des Kirchturms finden wir
in der Pfarrchronik Angaben über drei
Glocken, es heißt: „die ältere wahr gegossen 1549 und waget 1500 Pfunt,
die zweite wahr gegossen 1616 und waget 1100 Pfunt und die dritte wahr
zum
zweiten mahl gegossen 1786 und waget 600 Pfunt".
Am 2. Oktober 1819 ließ die Pfarrgemeinde die durch den Brand
zerstörten
Glocken neu gießen. Die große Glocke, sie wog 1845 Pfund, erhielt bei
der Taufe am
24. November 1819 den Namen Theodoris et Maria, die mittlere 1250 Pfund
schwere hieß Johann Antonius et Maria Clara, die kleinste 862,5 Pfund
schwere
Glocke bekam den Namen Peter Georgius et Maria Magdalena. Das
dreistimmige
Geläute dürfte aus den Tönen A, F und G bestanden haben.
Der zur Umschmelzung erforderliche Betrag von 581 Thalern, 18
Silbergroschen, 9
Pfennigen wurde „theils durch freiwilligen Beitrag und theils durch
Collecten-Gelder gedeckt".
Bis zum Wiederaufbau hing man die Glocken zunächst hinter dem
zerstörten Kirchturm in einem
provisorischen Glockenstuhl auf. In den Jahren 1827 und 1828 baute Karl
Schmitz aus Düren den Kirchturm wieder auf, erst dann fanden die
Glocken ihren
Platz in der Glockenkammer.
Die kleinste Glocke wies nach über 50-jährigem
Dienst einen Sprung auf. Der Kirchenvorstand gab daher am 31. Mai 1877
bei der Glockengießerei von Andreas
Rodenkirchen in Köln-Deutz einen Neuguss in Auftrag. Am 15. August 1877
lieferte die Gießerei die Glocke. Sie wiegt 818 Pfund und kostete
damals pro Pfund 1,30 Mark. Für die in Zahlung gegebene Glocke erhielt
die Pfarre 1,00 Mark pro Pfund.
Nach Fertigstellung der Kirche mussten auch die
drei Glocken von der alten zur neuen Kirche umziehen. Am 10. Februar
1903
beschloss der Kirchenvorstand, dem hiesigen Schmiedemeister Johann
Harscheidt das
Umhängen der Glocken zu übertragen. Leider besaß er nicht die
fachlichen Voraussetzungen. Er nahm zwar den Transport vor, aber die
Glocken
hingen ein Jahr im Turm der neuen Kirche, ohne dass sie geläutet werden
konnten.
Dadurch war man genötigt, sich an die Firma Ulrich in Apolda zu wenden,
die
einen eisernen Glockenstuhl lieferte und die Glocken fachgemäß
montierte.
Die zwei schwersten Glocken mussten am 15. Juni
1917 für Kriegszwecke abgeliefert werden. Die kleinere der beiden trug
die Inschrift: „Der treue gute Hirt Johann Anton Pingen lässt durch
mich
sein Herd zum Gottesdienste singen". (Johann Anton Pingen war von 1812
bis
1829 Pfarrer in Wollersheim). Der Hufschmiedemeister Gottfried Hansen
musste
auf behördliche Anordnung und gegen seine christliche Überzeugung die
beiden Glocken zerstückeln. Dies geschah oben in der Glockenkammer,
denn nur
so war ein Abtransport möglich. Die Bruchstücke wurden von den
Messdienern aus
dem Turm in den Keller des Hauses Hansen getragen und bis zum
Ablieferungstermin dort gelagert.
Am 11. Dezember 1922 beantragte Pfarrer Hanrath beim Generalvikariat
in Köln die Genehmigung zum Kauf von drei neuen Stahlglocken. Am
7. Januar 1923 schrieb Pfarrer Hanrath dem Generalvikariat, dass
1.3oo.ooo Mark in
Weizen für die Glocken vorhanden seien. Wegen der ständig steigenden
Preise - im
Januar 1923 kostete z.B. ein Brot 5oo Mark und im November 1923 bereits
eine
Billion – bat er um baldige Genehmigung zum Kauf der Glocken. Eventuell
fehlende
Gelder sollten noch durch Sammlung von Weizen bei den Bauern
aufgebracht
werden. 1924 war es endlich so weit; der Kirchenvorstand konnte am 14.
April
beschließen, beim „Bochumer Verein für Bergbau und Gußstahlfabrikation"
zwei
Gussstahlglocken zu bestellen. Der Guss erfolgte im August 1924. Im
Protokoll
der Tonprüfung heißt es: „Es
ergab
sich, dass die Haupttöne e + g der internationalen Stimmung
entsprechend sehr rein getroffen sind und sich dem Ton a der dortigen
Bronzeglocke gut
anfügen werden. Außer dem Haupttone klingt in jeder Glocke die kleine
Oberterz
und die Untersexte, beide vom Haupttone ab gerechnet, deutlich und rein
mit;
der Gesamtklang gewinnt dadurch sehr an Fülle. Bei Zusammenläuten ist
die
Klangwirkung beider Glocken bei aller Kraft des Tones durchaus weich
und feierlich." Die Glocken haben einen Durchmesser von 1387 mm und
117o
mm. Am 21.September 1924 taufte Pfarrer Hanrath die große Glocke auf
den Namen St.
Maria und die kleine auf St. Josef.
Neben den beiden Stahlglocken von 1924 hängt heute
noch die Bronzeglocke von 1877 in unserem Kirchturm. Wie viele andere
Glocken wurde sie 1942 zur Herstellung von Kriegsmaterial eingezogen.
Die dem fränkischen Heiligen Medardus
geweihte Glocke überstand die Kriegsereignisse unbeschädigt. Sie konnte
am 31. Mai 1948 aus Düsseldorf zurückgeholt werden.
Für viele Wollersheimer war die Heimkehr der alten Glocke ein
Symbol für ihre eigene glückliche Rückkehr nach Flucht, Krieg und
Gefangenschaft.
Deshalb nahm auch die ganze
Pfarrgemeinde an der Segnung durch Pfarrer Helmich teil. Danach zog man
die geschmückte Glocke mit einer Seilwinde von außen in die
Glockenkammer.
Die Seilwinde befand sich an einem Lanz-Bulldog der Brauerei Cramer und
wurde von Martin Langen bedient.
Die
Glocke ist kunstvoll gegossen, mit vielen ornamentalen Verzierungen und
einer schönen Krone. Der Durchmesser beträgt 888 mm. In einem Gutachten
des
Glockensachverständigen der Erzdiözese Köln vom 21. Januar 1960 ist zu
lesen, „daß die Bronzeglocke in der Ordnung ihres Klangaufbaues so klar
und
organisch bis in die, hohe Mixtur gelungen ist, dass sie selbst nach
den heute gültigen Maßstäben als sehr gut bezeichnet werden darf. Auch
der Fluss
ihres Klanges übertrifft den Durchschnitt der Glocken des 19.
Jahrhunderts
ganz erheblich. Sie darf demnach als eine der schönsten im vergangenen
Jahrhundert im Rheinland gegossenen Glocken gewertet werden. Es sind
nur noch
wenige Glocken des Andreas Rodenkirchen erhalten, davon ist die
Wollersheimer unter
den dem Unterzeichneten bekannten Glocken weitaus die beste." Der
Landeskonservator stellte die St. Medardus-Glocke am 9. März 1960 unter
Denkmalschutz.
Über die beiden Stahlglocken schrieb Herr
Musikdirektor Schaeben in dem bereits erwähnten Gutachten vom 21.
Januar l960: „daß die beiden Stahlglocken keinen Anschluss an das
Stimmungsmaß der
Bronzeglocke gefunden haben; sie klingen beide um rund 1/4-Ton zu tief.
Die
Klangentfaltung ist demnach außergewöhnlich substanzlos und trocken.
Die beiden
Stahlglocken können nach den heute gültigen Maßstäben nicht als
kirchenwürdige
Instrumente angesprochen werden; ihre Auswechslung durch klanglich
vollwertige im
Anschluss an das Stimmungsmaß der schönen Bronzeglocke wäre deshalb
sehr zu
wünschen."
Bis heute ist es leider bei dem Wunsch geblieben.
|