Die Neue Kirche in Wollersheim  (Teil 2)

Übertragung des Grundstücks auf die Pfarrgemeinde.
Der Gemeinderat der Zivilgemeinde hält die Eile, mit der der Kirchenbau begonnen werden soll, nicht für gerechtfertigt. Er will, um höhere Abgaben für die Gemeindemitglieder zu vermeiden, erst dann den Bauplatz hergeben, bis der Nachweis geliefert ist, dass der zur Aufführung eines würdigen Gotteshauses erforderliche Fonds vollständig vorhanden ist. Dies sei, wie er meint, in den nächsten Jahren nicht der Fall. Erst nach einem jahrelangen Streit zwischen den Kontrahenten kommt es zu einer Einigung. Nach Vermittlung durch das Generalvikariat und einem Gutachten von einem beauftragten Sachverständigen einigt man sich 1895 auf einen beiderseits akzeptierten Grundstückswert von 1.500 (Gold-)Mark und auf die Übertragung auf die Pfarrgemeinde.
Da der Baufonds anscheinend immer noch nicht groß genug ist, bittet 1897 der Kirchenvorstand den Regierungspräsidenten, „die alte Kirche abbrechen zu dürfen, um die noch brauchbaren Steine des Thurmes zur Verminderung der Kosten zur Grundsteinlegung der neuen Kirche zu benutzen." Eine alte Kirche vor dem Neubau abzureißen, war allgemein übliche Praxis. Nur in Wollersheim stand die uralte Kirche aus dem 12. Jahrhundert auf dem Friedhof und war im Sinne des Denkmalschutzes erhaltenswert.

Erster Bauplan wird abgelehnt.
Im Dezember 1897 liefert der beauftragte Baumeister Franz Statz aus Köln einen Bauplan ab, der einen Neubau in Kreuzesform vorsieht. Das Generalvikariat lehnt diesen von Pfarrer Schulte persönlich vorgetragenen Plan ab, weil die Kirche auf dem Grundstück zu gedrungen aussehen würde.

Ziegelsteinbau.
Eine Eintragung im Protokollbuch des Kirchenvorstandes im März 1898 lässt vermuten, dass für den Neubau der Kirche jetzt Ziegelsteine verwendet werden sollen und man diese selber herstellen will. Außerdem will man noch weitere drei Parzellen für die Zeit der Ziegelei pachten. Der Lehm für die Ziegelsteine wurde auf dem sogenannten „Ziegelfeld", das an der Landstraße nach Vlatten direkt hinter dem Bach liegt, gewonnen. Nach Abschälung des Mutterbodens wurde der Lehm bis zu einer Tiefe von etwa zwei Meter gestochen und mit dem nahen Bachwasser verarbeitet. Es wurden zwei Öfen im Feldbrandverfahren betrieben. Für die Ziegelherstellung wird später eine „Zieglerfamilie“ Schiffer aus Lich/Steinstraß (mit Ziegelmeister Bläser) engagiert. Schon Ende 1899 gibt der Kirchenvorstand 500.000 Stück Ziegelsteine in Auftrag. Mit Bauunternehmer Olbertz aus Schophoven bei Inden wird ein Vertrag für die Lieferung weiterer Ziegelsteine abgeschlossen.
Im Januar 1900 beschließt der Kirchenvorstand nochmals, den Turm der alten Kirche abzubrechen. Auch dieser Plan wird vom Regierungspräsidenten abgelehnt.

Grundsteinlegung.
Im Januar 1900 schließt der Kirchenvorstand mit dem Bauunternehmer Leonard Olbertz aus Schophoven einen Bauvertrag. Im Juli überträgt der Kirchenvorstand dem „Baumeister Professor August Rinklake aus Münster“ offiziell die architektonischen Arbeiten. Innerhalb kürzester Zeit kann August Rinklake entsprechende Pläne vorlegen. Diese Pläne werden nach einer kurzen aber heftigen Kontroverse mit dem Generalvikariat genehmigt. Ohne große Feierlichkeiten wird am 10. Oktober 1900 der Grundstein gelegt.

Architekt August Rinklake (+ 1915).
Die näheren Umstände, wie August Rinklake den Wollersheimer Planungsauftrag erhielt, sind nicht bekannt und heute nicht mehr zu klären. Nach Ansicht der Nichten von Pfarrer Schulte könnte ihr Onkel während seiner Studienzeit in Münster August Rinklake kennen gelernt haben. Beide waren im gleichen Alter. August Rinklake hat im In- und Ausland, außer Kirchen, auch profane Bauten mit viel Erfolg geplant und war von 1876-1890 Professor für mittelalterliche Architektur in Braunschweig.
Die Wollersheimer Kirche scheint sein letzter Auftrag gewesen zu sein. In einer Dissertation von 1981 über Rinklake wird darauf hingewiesen, dass der Wollersheimer Kirchenentwurf bis auf einige Details verwandt sei mit den beiden vorherigen Plänen von Rinklake. Diese Pläne waren bestimmt für die Kirchen in Hohensalza (Polen, 1897-1900) und Ramsloh (Bistum Münster, 1899-1900). Für die Kirche in Ramsloh scheint August Rinklake lediglich den Entwurf von Hohensalza modifiziert zu haben. Hier hat er nur die romanischen Formen gegen gotische ausgetauscht. Eine Wiederholung seiner Entwürfe ist nicht typisch für August Rinklake. Im Falle der Wollersheimer Kirche ist allerdings eine Verwandtschaft mit den beiden Vorgängerkirchen unverkennbar. Die Wiederholung der letzten drei Bauentwürfe scheint darauf hinzudeuten, dass die Ideen und die Schaffenskraft von August Rinklake langsam erlahmten. August Rinklake starb 1915.

Baubeginn nach neuen Plänen.
Wenn auch die Vorplanung für den Kirchenneubau die breite Dorfbevölkerung nicht sonderlich interessiert hat, so waren die große Baustelle, die Ziegelherstellung und der damit verbundene Hand- und Spanndienst allerdings das Ereignis, bei dem jeder mitsprechen wollte. Viele Anekdoten aus dieser Zeit sind noch überliefert.
Im Juli 1902 konnte, nach langem Hin und Her, der Rohbau fertig gestellt werden. Anscheinend war der Bau teurer gekommen, als geplant. Im Oktober 1902 berichtet der Definitor, Pfarrer Rolauf aus Berg, an das Generalvikariat, dass es mit der inneren Ausstattung der neu erbauten Kirche übel bestellt sei. Wie die neue Kirche von innen aussah, kann man nur vermuten. Jedenfalls lässt Pfarrer Schulte 3 Wochen vor der Benediktion, die er selber vornimmt, die Erstkommunionfeier noch in der alten Kirche stattfinden. Am 24. Mai 1903 kann die erste heilige Messe in der neuen Kirche stattfinden. Ein Jahr später wird die Kirche durch Weihbischof Dr. Müller eingeweiht und ihrer Bestimmung übergeben.

Endabrechnung von 125 000 Mark.
In einer Notiz, die im Pfarrarchiv vorliegt, kann man die protokollierte Endabrechnung des Neubaues nachlesen, die Pfarrer Schulte aufgestellt hat; danach hat die neue Kirche einschließlich der innerer Ausstattung runde 125.000 Mark gekostet.


Quellen:

FRIIES, HANS GÜNTER, Die neue Kirche in Wollersheim, Kreisjahrbuch Düren,1986
GESCHICHTSVEREIN WOLLERSHEIM E. V., Die Neue Kirche zu Wollersheim, 1993
GESCHICHTSVEREIN WOLLERSHEIM E. V., Geschichtsblatt Nr.: 44, Heilig Kreuz Kirche zu Wollersheim,
Der Beginn eines großen Projekts, Grundsteinlegung vor 100 Jahren, 2000.
GESCHICHTSVEREIN WOLLERSHEIM E. V., Wolresheim 1184 – Wollersheim 1984, 1984.
RIBBROCK, GERHARD, August und Wilhelm Rinklake, Bochum, Univ., Diss., 1981
Pfarrchronik Schulte, Pfarrbüro Wollersheim, Lagerbuch, (unveröffentlicht)
Protokollbuch Kirchenvorstand Wollersheim, 1877 - 1934


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