1792 - 1813

   



1792
Im Herbst marschieren Truppen der französischen Revolution in die österreichischen Niederlande ein und bedrohen auch die Nordeifel.


1794
Am 8. Oktober werden die ersten Franzosen in Zülpich gesehen. Im Laufe des Monats besetzen sie das ganze linksrheinische Gebiet und annektieren es. Alle Gesetze und Verordnungen der französischen Republik sind damit – auch in unserem Gebiet – mit sofortiger Wirkung rechtswirksam. Alle bestehenden Steuern und Abgaben, die Leibeigenschaft, der Zehnt, die Lehnslasten, alle Frohnen, Jagdrechte sowie alle Privilegien und Autoritäten werden abgeschafft.
Die bisherigen Beamten, alle Adeligen und Privilegierte werden von den Wahlen und der Wählbarkeit ausgeschlossen. Alle Güter, die dem Fiskus oder der alten Regierung gehörten, sind beschlagnahmt. Revolutionskommissionäre führen rigoros den neuen Zustand der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit ein.
Mit sofortiger Wirkung wird für den amtlichen Verkehr der neue republikanische Kalender eingeführt.



Der Winter bringt derartig anhaltende Kälte und Fröste, wie sie jahrelang nicht mehr aufgetreten sind. Es herrscht nicht nur der fürchterlichste Mangel an Lebensmitteln, sondern auch an anderen Dingen, wie Seife, Salz, Öl, Kohlen und Lichtern.


1798
Am 23. Januar teilt der französische Regierungskommissar Rudler das besetzte Gebiet in vier Departements auf. Wollersheim gehört zum Kanton Froitzheim, im Arrondissement Aachen im Departement de la Roer. Zum Kanton Froitzheim gehören die »Communes«: Abenden, Berg, Bergstein, Blens, Boich, Brandenberg, Bürvenich, Disternich, Drove, Embken, Eppenich, Froitzheim, Füssenich, Geich, Ginnick, Gladbach, Jakobwüllesheim, Juntersdorf, Kelz, Kettenheim, Maubach, Müddersheim, Nideggen, Pissenheim, Sievernich, Soller, Thum, Thuir, Uedingen, Vettweiß und Wollersheim.



Die Mairie (Bürgermeisterei) Wollersheim umfaßt das Gebiet der Rentmühle, Gödersheim, Pissenheim, Berg vor Nideggen und Thuir. Embken gehört mit Eppenich zur Bürgermeisterei Bürvenich.


1802
8. April. Pfarrer Petrus Josephus Clemens stirbt. Er wird in der Kirche vor der Kommunionbank beerdigt.



Das Kloster Maria im Kapitol hatte bisher das Recht, dem Erzbischof den Priester als Pfarrer vorzuschlagen (präsentieren), der im Kapitel der Äbtissin war und so die nötigen Qualitäten mitbrachte. War diese Voraussetzung erfüllt, mußte der Bischof ihn anstellen. In diesem Jahr wird dieses Recht zum letzten Mal ausgeübt.
Zu den Pflichten des Klosters gehörte es, das Schiff der Kirche zu unterhalten.



8. April. Nach Abklingen der antikirchlichen Maßnahmen, die vielfachen Widerspruch hervorgerufen haben, erläßt Napoleon Bonaparte nach Abschluß des Konkordats die Organischen Artikel, die die absolute Hoheit des Staates über die Kirche verankern. Bereits einen Tag später wird die
katholische Kirche Frankreichs einschließlich der annektierten Gebiete vom Staat in 10 Erzbistümer und 50 Bistümer neu eingeteilt.
Für die Departements Roer und Rhin et Moselle wird das Bistum Aachen geschaffen. Damit gehört Wollersheim zum Bistum Aachen.



Am 9. April kommt Joannes Friedericus (Jean Frederic) Horst als Pastor nach Wollersheim. Er wurde noch gewählt von dem Kapitel des Klosters Maria im Kapitol aber auch erstmals von der Gemeinde. Nach dem französischen Gesetz steht seit der Besetzung ausschließlich der Gemeinde
das Recht zu, den Pastor selbst wählen zu dürfen.
Der neue Pastor wird von dem Vikariat in Köln cura principali ausgezeichnet und später von dem neuen Aachener Bischof bestätigt.



9. Juni. Alle Klöster und Stifte – so auch das Kloster Maria im Kapitol in Köln – werden durch die Säkularisation aufgehoben.
Davon betroffen ist auch der Stiftshof in Wollersheim.



25. Juli. Der von Napoleon am 9. Mai 1802 ernannte Bischof von Aachen, Marc Antoine Berdolet, wird inthronisiert.


1803
12. Brumaire. (Nebelmonat nach dem französischen Revolutionskalender) Bürgermeister Reuter aus der Rentmühle bescheinigt, daß Joannes Herbertz, Sohn des Henricis Herbertz und Eva Heiliger aus Abenden, am 15. Januar 1780 dahier getauft worden ist. Der Täufling war groß 5 Fuß und 7 Zoll und »gegenwärtig«. »Gegenwärtig« bedeutet: Das Kind ist gemäß Anweisung der französischen Regierung dem Bürgermeister gezeigt worden. Diese Kontrolle soll im ganzen Land sicherstellen, daß das Geschlecht der Kinder richtig angegeben wird.
(Anmerkung: Ein Sohn als Tochter angemeldet, bedeutet später nicht Soldat werden zu müssen.)



Der Stiftshof wird von der französischen Regierung mit seinem ganzen Zubehör für 44.100 Franc an F. Weber aus Frauwüllesheim verkauft.


4. September. In Nideggen wird auf dem Kirmestag der neue Pfarrer der Kantonalpfarre, Pastor Michael Vaeßen, in Gegenwart von Pastor Friedrich Horst von Wollersheim und Christophorus Hilden, sacellanus St. Georgii zu Köln, in sein neues Amt eingeführt.
Die neue Amtsbezeichnung des Pfarrers von Nideggen ist jetzt: parochus cantonis Froitzheim (Kantonalpfarrer).


1804
Die aufgrund des abgeschlossenen Konkordats erlassenen Gesetze »theilen die Pfarrer in zwei Klassen ein und dotieren die ersteren mit einem Jahresgehalt von 1500 Franken und die letzten mit einem von 1000 Franken aus der Staatskasse«. Den kreierten Succursalpfarrern – so auch dem Pfarrer von Wollersheim – wird ein Staatsgehalt von 500 Franken zuerkannt.



Im Monat Germial (Revolutionskalender) des Jahres 12 leistet Pfarrer Horst mit den anderen Pfarrern des Kantons Froitzheim einzeln und schriftlich einen umfangreichen Treueeid auf die Verfassung der französischen Republik. Schon früher hatte die Regierung bestimmt, daß die Geistlichkeit sich außerhalb der Kirche nur in bürgerlicher Kleidung zeigen dürfe. Gottesdienstliche Versammlungen werden nur unter Aufsicht des Staates gestattet. Bei Geburten, Hochzeiten sowie Begräbnissen ist die amtliche Mitwirkung der Geistlichen völlig ausgeschlossen.



Aus dem aufgelösten Suppremirten Kreuzherren Kloster zu Köln erhält die Pfarrkirche ein spätgotisches Chorgestühl. Das Chorgestühl hat auf der Nordseite drei und auf der Südseite vier Sitze; auf der niedrigen Wange der Nordseite sieht man in ziemlich derbem Relief Noahs Schande, darüber ein Band mit der Jahreszahl 1504, als Bekrönung kniet der Stifter vor der Muttergottes.

Die Trennwände sind mit gedrehten Säulchen versehen, die Armknäufe als Grotesken ausgebildet; darunter ist ein Löwe mit dem Kölnischen Wappen.








Teil des Chorgestühls, das von 1804 bis 1904 in der alten Kirche stand. Heutiger Standort: Schnütgen Museum, Köln



1805
31. Mai. Neben dem Gebrauch des republikanischen Kalenders wird auch der Gebrauch des gregorianischen Kalenders wieder gestattet.
Die Entscheidung wird von der Bevölkerung mit großer Freude begrüßt.


1806
1. Januar. Die Wiedereinführung des Gregorianischen Kalenders löst offiziell den ungeliebten Revolutionskalender ab.



Mit Brief vom 12. Juli bestätigt der Kultusminister des Roer-Departements, daß die Kapelle zu Pissenheim als Annex-Kirche ganz zur Pfarre Wollersheim gehört. Der größere Teil von Pissenheim gehörte früher zur Pfarre Berg.


1807
Es gibt fast keinen Winter.


1810
11. August. Per Dekret wird bestimmt daß alle öffentlichen und privaten Anzeigen, alle Vorladungen, alle Anschlagzettel in Zivil-, Militär- und Kirchensachen, die Benennungen der Straßen, Plätze, Tore sowie die ausgehängten Schilder, Tafeln und Zettel in französischer Sprache abgefaßt werden müssen. Es ist erlaubt, eine deutsche Übersetzung beizufügen. (Anmerkung: In der Chronik der Familie Herhahn wird ein Schild in französischer Sprache erwähnt, welches besagt, daß in dem Hof eine Brauerei bestand.)


1813
In der Mairie Wollersheim haben Wollersheim und Berg Primärschulen. Wollersheim hat 430 Einwohner und 92 schulfähige Kinder. Nach dem Tode des Lehrers, der auch Küster war, beruft Pfarrer Pingen den Johann Schmitz aus Liblar. Johann Schmitz hat erst mit 49 Jahren den Lehrerberuf
ergriffen und war, ehe er nach Wollersheim kam, bereits neun Jahre in verschiedenen anderen Orten Lehrer. Er unterrichtet im Lesen und Schreiben sowie in lateinischer Sprache. Seinen Unterricht, der ohne Ferien während des ganzen Jahres gehalten wird, besucht knapp ein Drittel der schulfähigen Kinder.



Die in der » Völkerschlacht zu Leipzig« total geschlagenen Franzosen kommen im November über den Rhein zurück. Pferde, Fourage, Kriegssteuern und alles Nötige muß ihnen beschafft werden. Nach Jülich, Bonn, Mainz, Aachen und Düren sind größere Mengen Weizen, Roggen, Hafer, Stroh, Brandwein und vieles andere zu liefern. Die Gemeinde (Bürgermeisteramt) Wollersheim muß ihre Lieferungen u. a. an das Regiment des Jérome Napoleon tätigen. Sie wird auch zu umfangreichen Transporten verpflichtet.



1618 - 1791

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1814 - 1899