Vor 1184





Das bisher älteste bekannte Zeugnis, das auf menschliches Leben in unserem engeren Heimatraum hindeutet, ist eine jungsteinzeitliche Pfeilspitze aus der Zeit von 4000–3000 v. Chr., die Katharina Clahsen aus Berg in der Bade am Fichelsberg, Gemarkung Wollersheim, gefunden hat. Aus diesem einen Fund kann man natürlich nicht schließen, dass unsere Gegend schon damals eine geschlossene Besiedlung aufwies. Viel mehr könnte es so sein, dass ein Jäger und Sammler seine Waffe bei einem Jagdzug einbüßte.

Der Steinzeit folgte die Bronzezeit (etwa 1800–1500 v. Chr.), an die sich die Eisenzeit anschließt. Aus diesem Zeitabschnitt stammt ein weiterer Fund, und zwar ein Mahlstein in Form eines »Napoleonshutes«, der bei Gödersheim in der Gemarkung unseres Dorfes gemacht wurde.

Schon viele Jahrhunderte vor der christlichen Zeitrechnung begann der unaufhaltsame Aufstieg des römischen Reiches. In ihren Provinzen bauten die Römer eine bis dahin nicht dagewesene Infrastruktur auf. Dazu gehörten feste Fernstraßen, Brücken, Kanäle und befestigte Heerlager.

Während diese »Kastelle« u. a. durch den Zuzug der germanischen Urbevölkerung zu größeren Gemeinwesen heranwuchsen, gab es auf dem flachen Lande noch keine geschlossene Dorfsiedlung. Hier herrschte das Einzelgehöft (Villa Rustika) vor. In ihm wurde neben dem Ackerbau oft noch ein Gewerbe betrieben. Diese Siedlungsform finden wir um etwa 150 n. Chr. im näheren Umkreis des heutigen Ortes Wollersheim. In einem Gebiet von rund 9 qkm wurden bisher 10 solcher Hofanlagen lokalisiert. Bei den Grabungen an der Eisenstraße legte das Landesmuseum Bonn in den Jahren 1954/55 im Badewald ein Herrenhaus, einen Getreidespeicher, zwei Wirtschafts- gebäude, sowie Grabanlagen frei. Diese gründlichen archäologischen Forschungen brachten auch einen weitläufigen römischen Erzbergbau zutage. Die uns als "Maare" bekannten großen Tümpel im und um den Badewald sind nichts anderes als römische Erzgruben, sogenannte "Pingen". Neben diesen Pingen wurden auch die dazugehörigen Schmelzöfen gefunden.

Auf den vielfältig strukturierten römischen Gutshöfen lebten nicht nur ca. 35 Landarbeiter mit ihren Familien, sondern auch zahlreiche Bergleute und "Eisenkocher" (Siehe Dr. Schäfer, Vlatten).

Die bei den Höfen im Badewald gefundenen römischen Gräber geben Zeugnis über eine länger andauernde Besiedlung.



Karte der römischen Wirtschaftsbetriebe bei Berg vor Nideggen, Kr. Düren,
mit Einzeichnungen der Pingen und Erzverhüttungsöfen nach den Grabungen von 1955.

Nach dem Untergang des mächtigen römischen Reiches siedelten im Gebiet des heutigen Rheinlandes kleinere germanische Stämme. Sie nannten sich insgesamt Franken und dehnten sich von Ems, Lippe, Rhein und Mosel über Maas und Schelde bis zur Somme aus. Um das Jahr 500 n. Chr. war so in Westeuropa vom Atlantik bis zur Saale ein fränkisches Großreich entstanden. Unter Chlodwig I. (R. 482 - 511) gewann das Reich seine größte Ausdehnung und innere Stabilität. Er trat während der Schlacht der Franken gegen die Alemannen im Jahr 496 n. Chr. zum Christentum über. Um diesen Vorgang hat sich die bekannte Legende über die Schlacht bei Zülpich gebildet. Als das Kriegsglück sich dem Gegner zuneigte soll Chlodwig den Christengott angerufen haben. Er gab das Versprechen, im Falle eines Sieges mit seinem ganzen Volk zum Christentum überzutreten.

Historisch verbürgt ist die Tatsache, dass Chlodwig drei Tage nach der Schlacht in Reims vom Bischof Remigius getauft wurde. Die Ortssage in Wollersheim weiß zu berichten, dass während der Kämpfe die Gemahlin Chlodwigs, Chlodhilde, in der Kirche zu Wollersheim gebetet habe.

Interessant sind in diesem Zusammenhang die Gemarkungs - und Flurnamen unserer Gegend wie Klotzacker, Klotzlinde, Klotzweg, Klotzberg. Die Vorsilbe "Klotz" wird von Etymologen (Sprachforschern) auf Chlodwig zurückgeführt.

Auf der Wollersheimer Heide gibt es die Gemarkung "Im Martertal", die als der eigentliche Schlachtort angesehen wird. In den umliegenden Dörfern finden wir dann noch Bezeichnungen wie "Im Streit", "Im Unfrieden", "Kriegerweg", "Rittersgäßchen", "Auf dem König" oder "Königstraße", die ebenfalls mit der Schlacht von 496 n. Chr. in Zusammenhang gebracht werden.

Bis heute ist sich die Geschichtsforschung keineswegs über die Lage des Schlachtortes einig. Auffällig ist jedoch die Tatsache, dass der Boden um Wollersheim sehr viele fränkische Grabanlagen bzw. Einzelgräber freigegeben hat. So wurden im Jahre 1939 am Pützberg 40 Gräber aufgedeckt. Leider musste man dabei feststellen, dass sie zum Teil zerstört oder beraubt waren. Im Kalkboden hatten sie sich besonders gut erhalten. Weitere Gräber wurden beim Bau der Landstraße Embken-Wollersheim auf dem Lieberg gefunden. Die zum Teil reichlichen Grabbeigaben, wie verschiedenartige Glasgefäße, helltonige Kännchen mit Schulterwulst und Rädchenverzierung, bronzene, versilberte Gürtelschnallen und Beschläge sowie Lanzenspitzen und die berühmten Sacramasaxe (fränkische Kurzschwerter). Die Gräber waren mit Sandsteinplatten eingefasst bzw. abgedeckt. Diese weisen in eine weiter zurückliegende Zeit. Es sind zum Teil behauene Steine, die auch als Matronensteine (Altarsteine römischer Muttergottheiten) bezeichnet werden. Sie stammen aus der sogenannten gallo-römischen Epoche von der Zeitwende bis zur fränkischen Landnahme. Ein am Pützberg gefundener "Mutterstein" war der Göttin Veteraneis, ein anderer aus Gödersheim der Stammesgöttin der Sunnuci geweiht.


In unserem Gebiet wohnten damals die Sunnuci, über die der römische Schriftsteller Tacitus berichtet. Weitere Ausgrabungen förderten in den Jahren 1932/33 beim Bau der neuen Wasserversorgung für Wollersheim im Quellgebiet des Neffelbaches sechs Töpferöfen und einige sorgfältig aus behauenem Sandstein gebaute Brunnen ans Tageslicht. Selbst der Name des Töpfers wurde festgestellt. Er hieß Verecundus und hatte seinen Namen als Markenzeichen auf die Töpferwaren geprägt.

Die fränkische Herrschaft erreichte in Europa unter Karl dem Großen, der im Jahre 800 n. Chr. von Papst Leo III. in Rom zum Kaiser gekrönt wurde, ihren Höhepunkt. Das Reich Karls erhielt den Titel "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation". Dieser Name blieb bis zum Jahre 1806, als Napoleon durch den Reichsdeputations- hauptschluss die Auflösung juristisch besiegelte, erhalten.

Der Sage nach soll Wollersheim Ende des 7. Jahrhunderts mit Embken und Disternich wahrscheinlich im Besitz von Irmina gewesen sein. Irmina war eine nahe Verwandte von Plektrudis, der Gattin Pippins. Von ihr wird berichtet, dass sie das Dorf Berg bei Floisdorf dem Friesenapostel Willibrord schenkte.

Irmina ist auch die Gründerin des Klosters St. Maria im Kapitol zu Köln Möglicherweise sind dadurch über den heiligen Willibrord die oben genannten Dörfer an dieses Kloster gekommen. Mit der Zugehörigkeit von Wollersheim zu St. Maria im Kapitol beginnt die mittelalterliche Geschichte unseres Dorfes.



Titel und Vorwort

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1184 - 1617